Wilhelm-Hack-Museum

Bin ICH ein WIR?

› Pilze, Petrischalen, Mikroskope. Die Arbeit „MycoMythologies: Patterning“ von Saša Spačal mag im ersten Augenblick an ein wissenschaftliches Labor erinnern. Stattdessen ist sie Teil der Ausstellung „Mein Körper, ein Korallenriff?“, die in der Rudolf-Scharpf-Galerie des Wilhelm-Hack-Museums zu sehen ist.

Die slowenische Künstlerin präsentiert in ihrer biotechnologischen Installation Petrischalen mit dem Pilz Hericium erinaceus, auch Affenkopfpilz genannt. Diesen Pilzkulturen spendete die Künstlerin in jeweils abgeschlossenen Petrischalen eigene Körperflüssigkeiten: Blut, Schweiß und Tränen. Durch Luftzufuhr miteinander verbunden, könnte in der Kontamination einer weiteren Petrischale mit Pilzkultur etwas Neues entstehen. Auf diese Pilz-Mensch-Ökologie ist ein Mikroskop gerichtet, das die wachsenden Strukturen auf Monitoren abbildet und nach programmierten Parametern eine eigene Kartografie der Verflechtungen formt.

Menschen und Mikroorganismen

Ähnlich wie „MycoMythologies: Patterning“ fragen auch die anderen künstlerischen Arbeiten, die in Ludwigshafen zu sehen sind, nach dem Zusammenwirken und -leben von Menschen und Mikroorganismen und stellen westlich geprägte Weltbilder, in denen Individualismus und die Überlegenheit des Homo sapiens dominieren, in Frage. „Wir leben in westlichen Gesellschaften, in denen gesteigerte Individualität als Erfolgsrezept gilt. Zugleich sind wir in unserem Überleben auf unzählige andere angewiesen. Wie können wir daher zu einem respektvolleren Miteinander finden?“, fragt Kuratorin Julia Katharina Thiemann.
  • Theresa Schubert, milieu_01-04_csm_DSC_0527, Foto: Matuschek
  • SašaSpačal, MycoMythologies2, Foto: Marte Vos
  • Imayna Caceres, Sinnstiftung
Sie möchte mit ihrer Ausstellung ein Umdenken anregen, das sich derzeit in vielen philosophischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Diskursen widerspiegelt. Mit gutem Grund, wie Thiemann findet: „Menschen leben schon immer mit vielen anderen Kleinstlebewesen in zum Teil wechselseitiger Abhängigkeit zusammen. Doch wenn wir nur im Zusammenspiel mit anderen Spezies überlebensfähig sind, müssen wir dann nicht unser Selbst- und Weltbild grundlegend überdenken? Hängen wir nicht alle in vielfältigen Verknüpfungen und Abhängigkeiten zusammen?“ Sinnbildlich für ein solches Miteinander ist auch das titelgebende Korallenriff; ein komplexes Ökosystem, das natürlich auch ästhetisch einiges zu bieten hat. Und somit ein Symbol für all die künstlerischen Arbeiten ist, die in der Ausstellung zu finden sind.

Fabulieren, spekulieren und erproben

Bildstark und humorvoll laden die prozesshaften Werke zur eigenen Re-Positionierung im Weltgefüge ein. In oftmals experimentell anmutenden Settings fabulieren, spekulieren und erproben die acht internationalen Künstler*innen, die in der Gruppenschau vertreten sind, Grenzüberschreitungen und eröffnen neue Perspektiven im Freiraum der Kunst. Ergänzt wird die Ausstellung durch ein interdisziplinäres Rahmenprogramm. In Workshops mit Wissenschaftler*innen werden biochemische Wissensbereiche praktisch erschlossen. Zudem wird unser alltäglicher Umgang mit Mikroorganismen in jahrhundertealten Kulturtechniken, wie beispielsweise in der Fermentation, reflektiert. Das Ausstellungskonzept stützt sich insbesondere auf Theorien von Lynn Margulis ebenso wie das Denken und die Theorien von Donna Haraway, James Lovelock, Bruno Latour, Isabelle Stengers und vielen weiteren Forscher*innen, die sich mit den symbiotischen Beziehungen und dem Selbstbild des Menschen beschäftigen. ‹

Mein Körper, ein Korallenriff? // My Body, a Coral Reef?
Rudolf-Scharpf-Galerie, Ludwigshafen, bis 23. April 2023
wilhelmhack.museum
Bildnachweis:
SašaSpačal, TheLibraryOfFallenTears, Image Credit Courtesy of Urban Art Lab in Seoul 03

Wilhelm-Hack-Museum

Wahrzeichen des Wilhelm-Hack-Museums ist seine Keramikfassade, die Joan Miró 1980 gestaltete. Heute gilt das Haus als das wichtigste Museum für die Kunst des 20. und 21.Jahrhunderts in Rheinland-Pfalz. Seine Schwerpunkte liegen auf der Klassischen Moderne, aber auch auf der konstruktiv-konkreten Kunst nach 1945. Profilierte Sonderausstellungen, Workshops und ein breit gefächertes Veranstaltungsprogramm machen das Museum zu einem kulturellen Zentrum von Ludwigshafen.
AdresseWilhelm-Hack-Museum // Berliner Straße 23 // 67059 Ludwigshafen // Telefon 0621 5043045 // E-Mail: hackmuseum@ludwigshafen.de
ÖffnungszeitenDienstag, Mittwoch & Freitag 11–18 Uhr // Donnerstag 11–20 Uhr // Samstag, Sonntag & Feiertage 10–18 Uhr
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