› Am Anfang war der Heilige Petrus. So will es jedenfalls die Katholische Kirche und so begründet sie das Papsttum: Simon Petrus sei der erste Bischof von Rom gewesen und somit gleichsam der Ur-Papst. Keine Frage, dass auch eine Ausstellung über die Päpste nicht um den Heiligen Petrus herumkommt. „Wir präsentieren in der Ausstellung zu diesem Thema mit einem Elfenbeinkästchen aus dem 5. Jahrhundert nach Christus eine echte Sensation“, erklärt Kurator Stefan Weinfurter, Professor für mittelalterliche Geschichte. „Bei dem Kästchen handelt es sich nämlich um die Nachbildung der Grabstätte des Heiligen Petrus.“ Das Original, das unter dem Petersdom stand, wurde beim Aus- und Umbau in den Dom integriert. Diese Leihgabe aus dem Archäologischen Museum von Venedig ist die früheste Darstellung der Petrusmemorie.
Dieses und rund 330 weitere hochkarätige Exponate haben die Reiss-Engelhorn-Museen, die Universität Heidelberg und die gemeinsame Forschungsstelle „Geschichte und kulturelles Erbe“ aus den Vatikanischen Museen und der Dombauhütte von Sankt Peter in Rom, aber auch aus Museen in Florenz, Venedig, St. Gallen und anderen Städten zusammengetragen. Kostbare Handschriften, Urkunden, Gemälde, Skulpturen machen die faszinierende Entwicklung des Papsttums von der Antike bis in die Renaissance greifbar.Leihgaben aus dem VatikanEine Schau, die akribisch vorbereitet wurde. „Wir sind häufiger in Rom gewesen“, erzählt Weinfurter, „denn man bekommt nicht einfach Ausstellungsgegenstände, wenn man einen Brief dorthin schreibt.“ Und obwohl die Macher nicht alles, was sie sich erträumten, zeigen können, hat dank des Entgegenkommens der neuen Generaldirektorin der Vatikanischen Museen, Prof. Dr. Barbara Jatta, eine beeindruckende Auswahl von Exponaten ihre Reise von Rom nach Mannheim angetreten. Mit der italienischen Kunsthistorikerin steht seit 1. Januar erstmals eine Frau an der Spitze der Vatikanischen Museen, auch das ist eine kleine Sensation. Weiße Pferde und rote SchuheDie neue Chefin räumte so manches Hindernis aus dem Weg, sodass jetzt zum Beispiel die Büste von Bonifatius XIII. in Mannheim ausgestellt wird. Der italienische Architekt und Bildhauer Arnolfo di Cambio hat sie um das Jahr 1300 aus Marmor gefertigt. „Mit der Tiara kommt Bonifatius VIII. unseren heutigen Vorstellungen von einem historischen Papst am nächsten“, erklärt der Mittelalter-Experte Weinfurter. Die kaiserlichen Privilegien, einen solchen Zuckerhut tragen zu dürfen, aber auch weiße Pferde vor der Kutsche laufen zu lassen, den Sonnenschirm zu benutzen und in roten Schuhen zu gehen, sind die äußeren Insignien des Amtes. In den ersten Jahrhunderten nach Christus war jedoch nicht abzusehen, dass Rom das Zentrum der Christenheit werden würde. Zwar leiteten die römischen Bischöfe ihren Primat vom Heiligen Petrus ab. Schließlich hatte Jesus seinem Jünger die Binde- und Lösegewalt übertragen, also einen direkten Draht zu Gott. Die anderen Bischöfe, so die römische Argumentation, seien nur Beamte einer staatlichen Kirche. Doch liegen die gewichtigen Zentren des Christentums zu dieser Zeit im Osten und in Nordafrika: Konstantinopel ist die Hauptstadt des Römischen Reichs, die Metropolen dieser Epoche sind Städte wie Alexandria, Antiochia oder Karthago.
Den Impuls für den endgültigen Aufstieg Roms bringt der Ansturm der Muslime vom 7. bis zum 8. Jahrhundert. Die mächtige mediterrane Konkurrenz fällt damit weg. Der Papst emanzipiert sich vom Kaiser in Konstantinopel und schafft sich als politischen Partner wenig später einen eigenen Universalherrscher: Leo III. krönt an Weihnachten im Jahr 800 Karl den Großen zum neuen römischen Kaiser und wendet seine Aufmerksamkeit damit in den Norden und Westen Europas — eine Entwicklung, die auch in der Rhein-Neckar-Region ihre Spuren hinterlässt: So stammt etwa die kunstvolle Torhalle des UNESCO-Weltkulturerbes Kloster Lorsch aus dieser Zeit.Päpstliche Spuren in der RegionDie Kirchenoberhäupter ziehen über die Alpen, um ihre neuen Einflussgebiete kennenzulernen. Mit Gregor V. wird erstmals ein Salier aus Worms zum Papst gekrönt. Welche Spuren die Päpste in der Region hinterlassen haben, zeigt das Netzwerk „Papstgeschichten im Südwesten“, das die Reiss-Engelhorn-Museen anlässlich der Ausstellung ins Leben gerufen haben. Insgesamt 35 Orte beteiligen sich mit Aktionen an Originalschauplätzen. Bis heute übt das Papsttum eine Faszination aus. „Von seiner Grundintention gesehen war es zu allen Zeiten übernational“, berichtet Weinfurter. „Es wölbt sich über Völker und Nationen, ist universal und damit — wie wir heute sagen würden — global.“ Die neue Popularität des Papstes führt Weinfurter auf die Werte zurück, die Franziskus in den Vordergrund stellt. Insgesamt sei er ein Repräsentant einer Religion, die für Nächstenliebe, Friede und Einheit steht. In einer Zeit, die überschattet ist von zahlreichen Krisen, scheint er damit den richtigen Ton zu treffen. ‹
Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt
21. Mai bis 31. Oktober 2017
Reiss-Engelhorn-Museen
www.paepste2017.de
Die Päpste und die Einheit der lateinischen Welt
21. Mai bis 31. Oktober 2017
Reiss-Engelhorn-Museen
www.paepste2017.de
Reiss-Engelhorn-Museen
Die Reiss-Engelhorn-Museen sind ein international agierender Museumsverbund mit vier Ausstellungshäusern im Herzen Mannheims. Ihr breites Sammlungsspektrum und ihre Sonderausstellungen vermitteln kulturgeschichtliche Vergangenheit und Gegenwart. Außerdem werden drei Forschungseinrichtungen betrieben. Mit all diesen Aktivitäten haben sich die Reiss-Engelhorn-Museen weit über die Region hinaus einen Namen gemacht.
AdresseReiss-Engelhorn-Museen // Museum Weltkulturen D5 // 68159 Mannheim // Telefon: 0621 2933150 // E-Mail: reiss-engelhorn-museen@mannheim.de
ÖffnungszeitenDienstag bis Sonntag (auch an Feiertagen) 11–18 Uhr
Infoswww.rem-mannheim.de