› 1066 ist eine Jahreszahl, die viele von uns noch im Kopf haben. Sie markiert die Schlacht von Hastings, in deren Folge der berühmte Wilhelm der Eroberer den englischen Thron erklomm. Damit gelangten die Normannen auf die Insel und gewannen zugleich ihren ersten großen Feldzug — der Auftakt weitreichender Eroberungen. Diesem kriegerischen Stamm ist nun eine umfassende Sonderschau in den Reiss-Engelhorn-Museen gewidmet, die ihren Aufstieg vom 8. bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts nachzeichnet. Doch wer sind diese Normannen eigentlich? „Umgangssprachlich wird der Begriff häufig Synonym mit dem der Wikinger verwendet. Wir verwenden ihn für eine Gruppe, die sich um das Jahr 1000 in der Normandie ansiedelte und von dort aus expandierte“, erklärt die Historikerin und Projektleiterin der Schau Viola Skiba. Auf den ersten Blick waren die Normannen knallharte Feldherren, denn die „Männer aus dem Norden“ kamen meist als Eroberer. „Auch wenn sie zunächst mit großer Brutalität vorgingen, um sich Land und gegebenenfalls eine Herrschaft zu sichern, verfolgten sie langfristigere Ziele“, berichtet Skiba. „Über allem steht die Erkenntnis, dass Vernetzung keine Erfindung des 21. Jahrhunderts ist: Wir erzählen mit der Ausstellung eine Geschichte über Mobilität, Eroberung und Innovation. Die Normannen haben die Entwicklung Europas maßgeblich mitgestaltet.“
In puncto Integration können wir von ihnen sogar noch lernen. So akzeptierten sie in den von ihnen eroberten Gebieten vorhandene Strukturen und Bräuche, genauso wie sie ihre eigene Kultur einbrachten: „Ihr Erfolg basierte auf hoher Mobilität, kultureller Flexibilität und Adaptionsfähigkeit sowie dem Drang, zu neuen Ufern aufzubrechen“, weiß Skiba. Mit dieser Fähigkeit integrierend zu wirken, verbinden die Normannen das nördliche Europa mit Italien und dem gesamten Mittelmeerraum. Zugleich führt sie ihr Weg über die Ostsee und durch Osteuropa bis ans Schwarze Meer. Genauso weitergereist wie die Normannen sind auch die Leihgaben, die in der Ausstellung zu bewundern sind. Zahlreiche bedeutende Museen und Institutionen unterstützen das Projekt. „Hochkarätige Exponate kommen unter anderem aus London, Paris, Barcelona, Palermo und dem Vatikan“, erklärt Skiba. „Einzigartige Handschriften, seltene Textilien, Kunsthandwerk aus Gold und Elfenbein, Schmuck und Waffen machen sich auf den Weg nach Mannheim.“ Darunter befinden sich Preziosen wie die Krone Rogers II., der Viking Raider Stone mit der ältesten bekannten Darstellung eines Wikingerangriffs in Westeuropa (Abb. unten) oder eine Figur der berühmten Schachfiguren von der Insel Lewis.
Neben rund 300 kostbaren Originalen punktet die Schau mit moderner Wissensvermittlung. Aufwändige Inszenierungen und virtuelle Rekonstruktionen lassen das Mittelalter lebendig werden. Ein Animationsfilm katapultiert direkt in die Schlacht bei Hastings. An Mitmach-Stationen können die Besucher*innen auf Tuchfühlung mit dem mittelalterlichen Alltagsleben gehen und zum Beispiel an einer Mannheimer Version des berühmten Teppichs von Bayeux mitsticken. ‹Die Normannen
Reiss-Engelhorn-Museen, Museum Zeughaus C5, Mannheim
bis 26. Februar 2023
www.normannen-ausstellung.de
Reiss-Engelhorn-Museen, Museum Zeughaus C5, Mannheim
bis 26. Februar 2023
www.normannen-ausstellung.de
Bildnachweis:
Figürlicher Elfenbeingriff, Antiquarium e Parco Archeologico di Canne della Battaglia, Barletta; anglo-normannische Werkstatt, 2. Viertel 12. Jh. Elfenbein, H: 3cm / B: 5,6 cm T: 2,5 cmReiss-Engelhorn-Museen
Die Reiss-Engelhorn-Museen sind ein international agierender Museumsverbund mit vier Ausstellungshäusern im Herzen Mannheims. Ihr breites Sammlungsspektrum und ihre Sonderausstellungen vermitteln kulturgeschichtliche Vergangenheit und Gegenwart. Außerdem werden drei Forschungseinrichtungen betrieben. Mit all diesen Aktivitäten haben sich die Reiss-Engelhorn-Museen weit über die Region hinaus einen Namen gemacht.
AdresseReiss-Engelhorn-Museen // Museum Weltkulturen D5 // 68159 Mannheim // Telefon: 0621 2933150 // E-Mail: reiss-engelhorn-museen@mannheim.de
ÖffnungszeitenDienstag bis Sonntag (auch an Feiertagen) 11–18 Uhr
Infoswww.rem-mannheim.de