Ludwigshafener Kultursommer

„Jazz ist für alle da“

› Christian Scheuber, Mitbegründer von Jazz am Rhein,ist im letzten Jahr verstorben. Ihr führt jetzt das Festival weiter, was verbindet euch mit Christian?
Regina: Christian war einer der ersten Jazzmusiker, die ich kennengelernt habe, und er wurde für mich zu einem ganz wichtigen musikalischen Mentor und Wegweiser in Sachen Jazzmusik. Ich hatte zum Beispiel ein Trio mit ihm, das Extreme Trio, das wir gemeinsam gegründet haben. Mit dem Trio waren wir viel unterwegs und haben auch mehrere Alben herausgebracht.
Tobias: Ich war ein Schüler von Christian, seit ich sechs oder sieben Jahre alt war. Er war ein musikalischer Mentor für mich, der dann recht bald zum guten Freund wurde. Ich habe bei Jazz am Rhein auch früh angefangen mitzuhelfen, habe Künstler*-innen am Flughafen abgeholt, Getränke besorgt, beim Bühnenaufbau mit angepackt, all solche Dinge …

Und diese Verbundenheit hat euch dazu bewogen, Jazz am Rhein weiterzumachen?
Tobias: Ja, es war auch Christians ausdrücklicher Wunsch, dass wir das Festival kuratorisch weiterführen. Zudem hat uns der Gründungsgedanke von Jazz am Rhein begeistert: dass Jazz überall sein kann und dass Jazz für alle da ist. Ein wesentliches Element des Festivals ist schließlich, dass der Eintritt frei ist und dass jede und jeder einfach vorbeikommen und zuhören kann.
Regina: Am Anfang von Jazz am Rhein, das war im Jahr 2007, hatte Christian sogar einen Lkw gekauft, den er zu einem Jazzmobil mit ausklappbarer Bühne und Backstage-Bereich umbauen ließ. Das war auch lange Zeit die Bühne bei Jazz am Rhein, bevor wir dann auf eine feste Bühne umgestiegen sind.


„Der Eintritt ist frei und jede und jeder kann einfach vorbeikommen und zuhören.“


Und war er dann mit dem Jazzmobil unterwegs?
Regina: Nein, das hat leider nie geklappt. Er hatte aber immer die Idee, mit dem Lkw eine musikalische Weltreise zu machen.
Tobias: Den Lkw gibt es übrigens noch. Nur weiß keiner, wo der heute steht … (lachen)

In diesem Jahr findet das Festival erstmals nicht auf der Parkinsel, sondern in der Ludwigshafener Innenstadt statt. Was sind die Gründe für den Umzug?
Tobias: Auf der Parkinsel war die Situation aus Lärmschutzgründen schwierig und eine alternative Location im Süden der Insel wurde von der Feuerwehr nicht genehmigt. Deshalb sind wir in die Stadt umgezogen, wo sich uns die Chance bietet, ein ganz anderes Publikum zu erreichen und für Jazz zu begeistern.

Wie verortet ihr Jazz am Rhein programmatisch?
Regina: Jazz am Rhein war schon immer eine Mischung aus regionalen Jazzbands, international renommierten Künstler*-innen und Newcomern. Dieses Jahr ist sicher ein Highlight der französische Mundharmonika-Spieler Olivier Ker Ourio, der mit dem Pianisten Manuel Rocheman kommt — ein tolles Projekt! Mit Devi’s World of Sound sind eine Formation aus der Schweiz und mit Brainsail sowie Bilderband, bei denen Tobias mitspielt, zwei spannende junge Bands aus der Region mit dabei. Ein wei-teres Highlight ist Richie Beirach, mit dem zusammen ich unser aktuelles Projekt „Duologes“ vorstelle.
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    Gastieren bei Jazz am Rhein: Die regionale Formation Bilderband …
  • jazz am rhein ludwigshafen olivier ker ourio manuel rocheman
    … der französische Harmonika-Spieler Olivier Ker Ourio und der Pianist Manuel Rocheman …
  • jazz am rhein ludwigshafen richie beirach regina litvinova
    … Richie Beirach und Regina Litvinova mit ihrem Projekt "Duloges" sowie …
  • jazz am rhein ludwigshafen brainsail
    … das Vocal-Groove-Jazz-Duo Brainsail.
Ihr seid ja vor allem Musiker*innen, schlüpft jetzt aber in die Veranstalter-Rolle. Wie macht ihr das Booking?
Regina: Das Booking läuft über unsere Kontakte. Dabei profitieren wir natürlich von Christian, der viel unterwegs war und weltweit Kontakte hatte. Er hat über die Jahre hinweg immer wieder große Namen nach Ludwigshafen geholt. Jazz am Rhein ist in der Szene gut bekannt und auch sehr renommierte Musiker*innen kommen gerne hierher.
Tobias: Wir sind praktizierende Musiker*innen. Deshalb ist es eine neue Herausforderung, ein Festival zu organisieren. Wir merken erst jetzt, an wie viele Dinge man denken muss. Aber es macht uns Spaß! Zudem profitieren wir von der tollen Zusammenarbeit mit dem Kulturbüro Ludwigshafen, das Veranstalter des Festivals ist und uns als Kurator*innen hervorragend unterstützt.


„Man muss sich entscheiden, ob man Jazz macht oder Crossover oder Pop oder etwas anderes.“


Zum Schluss noch eine ganz grundlegende Frage: Was bedeutet Jazz für euch?
Regina: Für mich ist Jazz eine bestimmte Art des Daseins. Natürlich leben wir in einer ganz anderen Zeit und Welt als die Jazzmusiker*innen in den USA der 50er-, 60er- oder 70er-Jahre und drücken uns deshalb auch anders aus. Das Verbindende ist aber der Jazz als Sprache. Zu ihr gehören Improvisation, Harmonik, der Swing und technisches Können, die durch einen individuellen Stil variiert werden. Innerhalb dieser Elemente bewegt man sich als Jazzmusikerin und wenn man ein Element davon weglässt, dann ist das kein Jazz mehr. Als Musikerin oder Musiker muss man ehrlich sein. Man muss sich entscheiden, ob man Jazz macht oder Crossover oder Pop oder etwas anderes. Jede Richtung ist ok, aber es ist nicht ok, alles zusammenzuwerfen — und das dann als Jazz zu benennen. Man muss aus meiner Sicht da klare Grenzen ziehen.
Tobias: Es geht beim Jazz auch um die Energie auf der Bühne, die durch die Interaktion der Musiker*innen entsteht und auf das Publikum übergeht. Gleichzeitig gibt das Publikum diese Energie zurück, sodass durch dieses Geben und Nehmen ganz besondere Momente entstehen. Und genau dafür steht auch Jazz am Rhein. ‹

Jazz am Rhein
08. bis 10. Juli 2022
Karl-Kornmann-Platz, Ludwigshafen
Freitag, ab 19 Uhr: Brainsail (D) // Olivier Ker Ourio & Manuel Rocheman. „Affinities“ (F)
Samstag, ab 19 Uhr: Bilderband (D) // Duologes: Richie Beirach & Regina Litvinova (USA/D)
Sonntag, ab 11 Uhr: Devi’s World of Sound (CH)


Ludwigshafener Kultursommer — Ostwind

Unter dem Motto „Kompass Europa: Ostwind“ bietet der Kultursommer Ludwigshafen auch in diesem Jahr zahlreiche Highlights und spannende Projekte in den unterschiedlichsten Sparten und Formaten.

Deng Xiaomei
Die aus Peking stammende Deng Xiaomei gastiert mit ihrem International Ensemble in Ludwigshafen und entführt mit dem Saiteninstrument Erhu in fernöstliche Klangwelten.
17. Juli 2022, Lutherplatz, Ludwigshafen, 20 Uhr

LUcina Manià
Mit dem Saumagen auf Entdeckungsreise in die Stadt: LUcina Manià verwandelt Reste, Trash and Treasures zu Delikatem. Zudem berichten Expert*innen aus Versorgung, Entsorgung und Recycling über ihren Blickwinkel auf die Stadt, dazu gibt es Musik, Getränke und Rituale.
03. und 05. Juni 2022, verschiedene Orte in Ludwigshafen

Waldrauschen
Entspannte elektronische Klänge mitten im Grünen: Ludwigshafener DJs und Musiker*innen laden zum musikalischen Sommerpicknick im Ebertpark ein. Auf der großen Wiese kann man sich, ausgestattet mit Picknickdecke und mitgebrachter Verpflegung, musikalisch in den Abend begleiten lassen.
20. August 2022, Ebertpark, Ludwigshafen, ab 12 Uhr

Inselsommer
Ein prallvolles Programm mit Konzerten, Kindertheater und einem Better-World-Market bietet der diesjährige Inselsommer. Das Festival unter den Bäumen und auf den Wiesen der Parkinsel hat schon lange Legendenstatus und lädt zum sommerlichen Ausflug ein.
30. Juli bis 07. August 2022, Parkinsel,
www.inselsommer.eu

„neunzehnhundertzweiundzwanzig“
In der Reihe „Kunst im TWL-Umspannwerk“ präsentiert das Buero für Angewandten Realismus ein Ausstellungsprogramm zum Jahr 1922, dem Geburtsjahr des Gummibärchens und der Erstverfilmung des Nosferatu-Stoffes, das geheime Verbindungen zwischen Vampir und Gelatinebär aufdeckt.
15. bis 23. Juli 2022, Umspannwerk, www.angewandter.de

Bildnachweis:
Hanna Wang (Litvinova & Frohnhöfer); Afa Wang (Bilderband); Christian Ducasse (Ker Ourio/Rocheman);

Ludwigshafener Kultursommer

Ungewöhnlichen Orte, originelle Ausdrucksformen und vielfältige Akteur*innen — das ist der Ludwigshafener Kultursommer, der alljährlich von Juni bis September ein spannendes Programm mit rund 80 Veranstaltungen bietet. Das Programm ist eine spannende Mischung aus Initiativen aus der Stadtgesellschaft und Angeboten des etablierten Kunstbetriebs, aus Kulturschaffenden aus der Region und internationalen Künstler*innen.
Termin08. bis 10. Juli 2022
AdresseStadt Ludwigshafen – Kulturbüro // Bahnhofstraße 30 // 67059 Ludwigshafen // Telefon: 0621 504-2263 // E-Mail: kulturbuero@ludwigshafen.de
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