Filmfestivals

Zwei Festivals — zum letzten Mal aus einer Hand

Vom Experiment zum Ereignis — das Festival des deutschen Films

› Wie viele große Dinge hat auch das Festival des deutschen Films klein angefangen. Ganze 5.000 Besucher erfreuten sich damals in der neu entstandenen kleinen Zeltlandschaft mit einem Kino und einer Strandbar drüben auf der anderen Rheinseite in Ludwigshafen an neuen deutschen Filmen. An eine lange Lebensdauer dieses „Festival des deutschen Films“ hat niemand wirklich geglaubt. Es war ein Versuch, der Region einen neuen kulturellen Akzent zu verleihen, der möglich wurde durch das großzügige Sponsoring der BASF, die neue Kulturprojekte der Metropolregion Rhein-Neckar initiieren wollte.
  • adonis malamos festival des deutschen films ludwigshafen parkinsel
    Foto: Adonis Malamos
„Der Film muss Kunst sein“
Dr. Michael und Daniela Kötz sowie das Team des Festivals von Mannheim-Heidelberg starteten dieses Projekt als eine kleine jährliche Ergänzung im Panorama vorzeigbarer neuer Filme, Schwerpunkt Deutschland. Kaum jemand in der Filmbranche konnte sich angesichts der mehr als 100 bereits in Deutschland existierenden Filmfestivals vorstellen, dass diese Neugründung eine dermaßen schillernde Zukunft haben würde. Doch es kamen hier nicht nur gleich im ersten Jahr junge Kinokünstler und -künstlerinnen zusammen, die die Resolution „Der Film muss Kunst sein“ verfassten. Binnen weniger Jahre wurde aus dem zunächst überschaubaren Event in rasantem Tempo ein deutsches Filmkulturereignis der besonderen Art.

Unter alten Platanen
Besucher und Gäste rühmen die Herzlichkeit und Offenheit dieses sommerlichen Zusammenkommens am Rheinufer unter den alten Platanen. Sie erfreuen sich an der einzigartigen Mischung aus Filmkunst und Lebensfreude. Und so wurde „Ludwigshafen“ binnen weniger Jahre zu einem festen Begriff in der deutschen Film- und Fernsehwelt. Filmstars bevölkern den roten Teppich und wer noch nicht da war, der hat doch schon viel von diesem Festival gehört.

Bad in der Menge
Denn hier eine Filmpremiere zu feiern, das bedeutet immer auch ein Bad in der Menge. Aus dem ersten kleinen Kinozelt am Rhein vor 15 Jahren wurden im Lauf der Jahre drei Kinos, von denen zwei über 1.200 Plätze verfügen und nicht selten ausverkauft sind. Denn dieses Filmfestival, das die FAZ vor ein paar Jahren zum „Schönsten Festival Deutschlands“ kürte, hat mittlerweile jährlich stolze 120.000 Besucher und Besucherinnen – und ist damit das nach Berlin in Sachen Beliebtheit zweitgrößte Filmfestival Deutschlands geworden. Mit den „Inselgesprächen“ wurde zudem ein Format entwickelt, durch das das Festival auch in fachlicher Hinsicht eine besondere Bedeutung als Forum des Zusammenkommens der Fernseh- und Filmbranche gewonnen hat. Ab 2020 wird sich das Team um Michael und Daniela Kötz, das bisher beide Filmfestivals organisiert hat, ganz auf das Festival von Ludwigshafen konzentrieren. ‹

Festival des deutschen Films
21. August bis 08. September 2019
Parkinsel, Ludwigshafen
www.festival-des-deutschen-films.de


Tradition verpflichtet — das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg

› Wenn ein Filmfestival wie das „Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg“ 68 Jahre alt wird, dann hat es eine Geschichte zu erzählen, die fast schon die der Bundesrepublik Deutschland ist. Seine Premiere feiert das Festival noch zwischen den Trümmern des Zweiten Weltkriegs. Die Gründung ist eine Art „Education Program“ für Nazi-Deutschland, das endlich eine andere Art von Filmen sehen soll als Schnulzen oder Propaganda.
Ein gutes Jahrzehnt später wird die Mannheimer Filmwoche zum Hot Spot der Neuen Welle des Autorenkinos, zum Schauplatz der jungen Wilden des Kinos. Liegt der Schwerpunkt zunächst in Westeuropa, kommt bald die Öffnung Richtung Osteuropa und Russland hinzu. Mannheim wird zum Schaufenster der Filmkunst hinter dem Eisernen Vorhang. In den 1980er-Jahren richtet sich der Fokus auf Filmwerke aus der damals noch flott so genannten „Dritten Welt“: aus China, Indien, Afrika.
  • sebastian weindel internationales filmfestival mannheim heidelberg stadthaus n1
    Foto: Sebastian Weindel
Forum für Newcomer
Als das Filmfestival 1992 seinen vierzigsten Geburtstag feiert, also vor 28 Jahren, übernimmt Dr. Michael Kötz die Direktion. Er weitet das Festival auf Heidelberg aus und entwickelt ein neues Profil — die gute alte „Filmwoche“ wird zum „Internationalen Filmfestival Mannheim-Heidelberg“. Das Festival wird ein hoch angesehenes Forum der Newcomer aus aller Welt, ergänzt durch die Reihe „Master of Cinema“ , die verdiente internationale Kinokünstler würdigt, und vor allem durch die „Mannheim Meetings“, einen Projektmarkt für internationale Koproduktionen neuer Arthouse-Filme. Damals ist dieses interne Fachtreffen von Filmproduzenten das (nach dem Cinemart von Rotterdam) zweite dieser Art weltweit. Heute gibt es kaum noch Filmfestivals ohne diese medienwirtschaftliche Ergänzung.

Humanität statt künstlerischer Exzentrik
Neben dieser professionellen Ausrichtung wird das Internationale Filmfestival mehr und mehr auch zu einem Publikumsfestival. Jahr für Jahr lockt das Festival mehr als 40.000 Besucher an, die sich immer wieder für das sorgfältig und streng nach künstlerischen Kriterien kuratierte Programm begeistern. Dabei steht nicht nur das Erleben fremder Kulturen im Mittelpunkt, sondern — und dies seit Jahren immer stärker — vor allem auch die Erkenntnis, dass Humanität in der Kunst wichtiger ist als künstlerische Profilierung und Exzentrik. Ein programmatisches Alleinstellungsmerkmal, das der scheidende Festivaldirektor Kötz dem Festival mit auf den Weg gibt. Ab 2020 werden er und sein Team die Leitung des Festivals abgeben. Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger wird derzeit gesucht. ‹

Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg
14. bis 24. November 2019
Stadthaus N1, Kino Atlantis (beide Mannheim), Messplatz (Heidelberg)
www.iffmh.de
Bildnachweis:
Adonis Malamos (Festival des deutschen Films); Sebastian Weindel (Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg)

Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg

Das Internationale Filmfestival Mannheim-Heidelberg genießt als Forum für junge Talente einen internationalen Ruf. Regisseure wie François Truffaut, Wim Wenders, Rainer Werner Fassbinder, Krzysztof Kieslowski, Jim Jarmusch, Lars von Trier oder später Thomas Vinterberg, Frédéric Fonteyne, Guillaume Nicloux, Derek Cianfrance, Hong Sang-soo starteten in Mannheim- Heidelberg ihre Weltkarrieren. Neben rund 60.000 Besuchern kommen jedes Jahr etwa 1.000 internationale Gäste aus der Filmbranche. Dazu gehören Journalisten, Sales Agents, Verleiher und Produzenten.
AdresseIFFMH – Filmfestival Mannheim gGmbH // Kleiststraße 3–5 // 68167 Mannheim // Telefon: +49 621 - 489262-11 // E-Mail: info@iffmh.de
Spielortealle Kinos in Mannheim und Heidelberg, Festival-Lounges im Stadthaus Mannheim und im Karlstorbahnhof Heidelberg
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