Internationale Schillertage

Wir sind so frei

› Globalisierungsangst statt Freiheitsdrang, Anpassung statt Emanzipation. Wäre der Aufklärer Schiller mit seinem „Regiment der Vernunft“ ein Auslaufmodell, wenn er heute leben würde?

Ganz im Gegenteil. Gerade jetzt wird Schiller gebraucht. Freiheit wird von vielen heute nicht mehr als etwas Positives verstanden, sondern als permanente Zumutung, in einer unübersichtlichen Lage die eigene Haut retten zu müssen. Die Forderung von Populisten und Extremisten nach einfachen Lösungen ist ein Ausdruck der tiefen Erosion des Freiheitsbegriffs. Für den Aufklärer Schiller bedeutet Freiheit, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, nicht nachzuplappern, was gerade alle sagen, sondern die eigene Frage als Auftrag zu verstehen, eine Antwort zu suchen.


Welche Rolle wird der Freiheitsbegriff bei den Schillertagen spielen?

Freiheit, im Sinne Schillers, als positive Herausforderung zu begreifen und nicht als Bürde oder als Bedrohung — damit beschäftigen sich die 19. Internationalen Schillertage. Die Reaktion des Theaters auf die einfachen Antworten von Populisten kann nur sein: komplexe Geschichten zu erzählen und Menschen in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit darzustellen, so wie es Friedrich Schiller in seinen großen, klassischen Dramen „Wallenstein“, „Don Karlos“, „Maria Stuart“ und „Wilhelm Tell“ gelungen ist.


Inwiefern werden Sie dabei Verbindungen zur Gegenwart herstellen?

Für unsere Eigenproduktionen haben wir mit Signa und Oliver Frlji'c Künstler eingeladen, die sich inhaltlich und ästhetisch mit aktuellen Themen beschäftigen. Bei den eingeladenen Gastspielen von Schillerstücken gibt es sehr direkte Bezüge zur Gegenwart, zum Terrorismus, zu politischen Aufständen und totalitären Systemen.


Die Projekte des dänisch-österreichischen Performance-Paars Signa spielen meist außerhalb des Theaters. Welchen Spielort wählen die beiden in Mannheim?

Der Spielort werden Gebäude des ehemaligen Benjamin-Franklin-Village sein.


Was bedeutet Freiheit für Sie selbst?
Als Intendant und Regisseur ist für mich die Freiheit der Kunst essenziell. Dass wir hier ohne inhaltliche Einschränkungen durch Politik oder Förderer Theater machen können, bedeutet für mich Freiheit. Es gibt sie leider auch in Europa nicht mehr überall. Diese Freiheit der Kunst zu nutzen und zu schützen, ist für mich ganz wesentlicher Motor meiner Arbeit. ‹

Internationale Schillertage

Die Internationalen Schillertage sind ein alle zwei Jahre am Nationaltheater Mannheim stattfindendes Theaterfestival. Im Zentrum der Veranstaltung stehen Produktionen, die sich mit dem Werk Friedrich Schillers auseinandersetzen. Der Bezug des Nationaltheaters zu Schiller geht auf eine gemeinsame Zusammenarbeit zurück: Schiller war ab 1783 Mannheims erster Theaterdichter. Bereits im Vorjahr wurde sein Drama Die Räuber am Nationaltheater uraufgeführt. Die ersten Schillertage fanden 1978 statt. Künstlerischer Leiter der Schillertage war von 2006 bis 2017 Burkhard C. Kosminski, Intendant Schauspiel am Nationaltheater Mannheim. Die Schillertage stehen seit 2019 unter Leitung seines Nachfolgers Christian Holtzhauer.
TerminFR 16. bis SA 24. Juni 2017
AdresseNationaltheater Mannheim // Goetheplatz // 68161 Mannheim // Telefon: 0621 1680200 // Karten: 0621 1680150 // Fax: 0621 1680500 // E-Mail: schillertage@mannheim.de
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