Festspiele Ludwigshafen

Heut’ gehen wir in die Burg

› „Heit gemma in die Burg“ ist ein geflügeltes Wort unter den Wienern. Denn es gibt wohl keine andere Stadt auf der Welt, in der das Theater so hochgeschätzt wird und die Institution Theater bis heute eine so große Rolle spielt. Doch nicht nur für die Wiener ist ihre „Burg“ eine wichtige Institution. Das Burgtheater gehört zweifellos zur allerersten Garde der deutschsprachigen Bühnen und ist nach der Comédie-Française das zweitälteste Sprechtheater der Welt. Standesgemäß residiert die „Burg“ dann auch in einem imposanten Palast im Herzen der österreichischen Hauptstadt. Prachtvolle Portale, Marmor, roter Samt, raumgreifende Lüster erinnern daran, dass sich hier einst die oberen Zehntausend der „K.-u.-k.“-Monarchie trafen.

Happy End für Hamlet

Damals hieß das Motto vor allem: sehen und gesehen werden. Die Besucher wollten gepflegt unterhalten und nicht mit Problemen konfrontiert werden. Daher ordnete Kaiser Joseph II. 1776 per Dekret an, dass die aufgeführten Stücke keine traurigen Ereignisse schildern durften. Tragödien wie „Romeo und Julia“ oder „Hamlet“ bekamen aus diesem Grund kurzerhand ein Happy End verpasst.

Eine heile Welt vorgaukeln? Davon sind die Macher des Burgtheaters heute zum Glück weit entfernt. Das zeigen die Stücke auf den Spielplänen, die stets Antworten auf aktuelle Fragen suchen. Die in Ludwigshafen gastierenden Komödien „Die Affäre Rue de Lourcine“ von Eugène de Labiche, „Bella Figura“ von Yasmina Reza oder „Die Geburtstagsfeier“ von Harold Pinter handeln von Menschen, deren Leben mehr oder weniger aus den Fugen gerät. „Hier wird die Verunsicherung in der bürgerlichen Ordnung originell, witzig und unterhaltend behandelt. Es wird niemand belehrt, der Zuschauer kann eigene Schlüsse ziehen“, betont Tilman Gersch, Intendant der Pfalzbau-Bühnen und Leiter der Festspiele.
  • Werkschau: In Ludwigshafen gastiert das Burgtheater etwa mit der Komödie „Die Affäre Rue de Lourcine“ von Eugène de Labich …
  • … oder mit Arthur Schnitzlers Klassiker „Professor Bernhardi“, in dem unter anderem Joachim Meyerhoff und Caroline Peters zu erleben sind.
„Die Geburtstagsfeier“ von Literaturnobelpreisträger Harold Pinter etwa ist eine finstere Komödie: Ein junger Mann, der von sich behauptet, ein talentierter, aber glückloser Pianist zu sein, hat sich in die Strandpension eines älteren Ehepaares eingemietet. Eines Tages besuchen ihn zwei dunkle Gestalten und die Geschichte nimmt ihren unheilvollen und stellenweise absurden Lauf. Als „comedy of menace“, Komödie der Bedrohung, hat der englische Theaterkritiker Irving Wardle einst das Stück bezeichnet. Mit Andrea Breth hat es eine der wichtigsten deutschsprachigen Regisseurinnen der Gegenwart inszeniert, die in den 1970er-Jahren als junge Regieassistentin am Heidelberger Theater ihre Karriere begonnen hat. „Hervorragende Schauspieler und sehr gute Regisseure arbeiten am Burgtheater auf höchstem Niveau“, lobt Gersch das Ensemble. „Persönlich schätze ich die Könnerschaft und Präsenz der Schauspieler und die Fähigkeit des Hauses, Dramen und Komödien so zu präsentieren, dass sie zeitgemäß erscheinen und dennoch ein großes Publikum erreichen.“

Menschlichkeit als Skandal

Können beweist auch Altmeister Dieter Giesing in seiner Inszenierung von Arthur Schnitzlers Klassiker „Professor Bernhardi“. „Ein hochaktueller Abend, der ganz bei Schnitzler bleibt und dennoch wirkt, als geschähe alles heute“, freut sich Intendant Gersch auf das Gastspiel in Ludwigshafen. Das Stück beschreibt den Absturz eines Arztes, der in Wien eine angesehene Privatklinik führt und in besten Kreisen verkehrt. Der Fall einer todkranken jungen Frau wird ihm zum Verhängnis. Als ein Priester zur letzten Ölung kommt, hält er ihn auf, denn die Patientin weiß nicht, wie es um sie steht, und soll glücklich in den Tod gehen. Bernhardis Menschlichkeit löst einen Skandal aus und plötzlich wird die Tatsache, dass er jüdischen Glaubens ist, zum Problem.

Große Namen zu Gast

In dieser Produktion wirken so renommierte Schauspieler mit wie Nicholas Ofczarek, der von 2010 bis 2012 bei den Salzburger Festspielen den Jedermann spielte, oder Caroline Peters und Joachim Meyerhoff. Peters, seit vielen Jahren Ensemblemitglied, ist auch durch ihre Rollen in Film und Fernsehen populär. In der Krimi-Serie „Mord mit Aussicht“ etwa zeigt sie als skurrile Kommissarin, welch komisches Talent in ihr schlummert. Im Thriller „Im Netz“ hingegen verkörpert sie eine erfolgreiche Unternehmensberaterin, die durch einen Identitätsklau mit Terroranschlägen in Verbindung gebracht wird. Ihr Kollege Meyerhoff wiederum ist durch seinen ebenfalls als Buch erschienenen Zyklus „Alle Toten fliegen hoch“ über das Burgtheater hinaus bekannt. Darin erzählt er seine eigene Geschichte und die seiner Familie.

Mit der Wiener Burg präsentieren die Festspiele Ludwigshafen bereits zum dritten Mal eine Werkschau eines bedeutenden Theaters und bieten den Theaterfans in der Rhein-Neckar-Region so Kostproben der wichtigsten Häuser im deutschsprachigen Raum. Nach der Präsentation des Hamburger Thalia Theaters geht es jetzt tief in den Süden. Ergänzt werden die Aufführungen des Burgtheaters durch Gastspiele des Deutschen Theaters und weiterer renommierter Häuser sowie von einem ambitionierten Tanzprogramm. ‹

Festspiele Ludwigshafen

Die Festspiele Ludwigshafen sind eine feste Größe im Programm des Theaters im Pfalzbau. Jedes Jahr im Herbst präsentieren sie Schauspiel- und Tanzaufführungen auf höchstem Niveau. Neben einem hochkarätigen Tanzprogramm, das von einem externen Kurator oder einer Kuratorin ausgewählt wird, steht bei den Festspielen auch alljährlich eine renommierte deutschsprachige Bühne im Fokus, die sich mit mehreren Gastspielen in Ludwigshafen präsentiert. So waren in den vergangenen Jahren unter anderem das Wiener Burgtheater, die Münchener Kammerspiele oder das Deutsche Schauspielhaus Hamburg mit ihren Inszenierungen zu Gast.
TerminSA 21. Oktober bis SA 09. Dezember 2017
AdressePfalzbau Bühnen // Berliner Straße 30 // 67059 Ludwigshafen // Kartentelefon: 0621 5042558 // E-Mail: pfalzbau.theaterkasse@ludwigshafen.de
SpielortePfalzbau Bühnen
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