› Der Speyerer Dom war bis 1991 das einzige Kulturdenkmal in der Metropolregion und das zweite in Deutschland, dem der Welterbestatus zuteilgeworden war — seit 1981 durfte er sich mit dem Prädikat der UNESCO schmücken. Am 13. Dezember vor 30 Jahren folgte Lorsch. Im tunesischen Karthago wurde die karolingische Klostergründung in die Welterbe-Liste aufgenommen. Der Antrag umfasste ein paar Seiten, ergänzt durch eine kurze maschinenschriftliche Stellungnahme vom ICOMOS, dem Internationalen Rat für Denkmalpflege. Das war’s. Den knappen Unterlagen entsprach das öffentliche Interesse — es war sehr verhalten. Mathildenhöhe und SchUM-Städte Heute ist das Welterbeprogramm zwar eines der kleineren und am geringsten dotierten UN-Programme, dafür aber eines der bekanntesten — und zweifelsohne das, dem weltweit die größte Sympathie entgegengebracht wird. Mittlerweile sind Speyer und Lorsch mit ihrem Status nicht mehr allein im Raum Rhein-Main-Neckar: Die Grube Messel kam 1995 als Weltnaturerbe dazu, und in diesem Jahr nun die Mathildenhöhe Darmstadt sowie die SchUM-Städte Speyer, Worms und Mainz. Und nicht zu vergessen: Die Gutenberg-Bibel, das Nibelungenlied, das Benz-Patent von 1887 und das Lorscher Arzneibuch sind als Weltdokumentenerbe der UNESCO ausgezeichnet, ebenso gehören zur Familie der UNESCO-Global der Geopark Naturpark Bergstraße-Odenwald, Mannheim als UNESCO Creative City of Music und Heidelberg als UNESCO City of Literature.
Ein bisschen viel UNESCO auf einmal? Keinesfalls! Besser könnte sich die besonders dichte und reiche Diversität von Natur und Kultur in unserer Region kaum Ausdruck verschaffen. Der Welterbestatus verlangt zwar den Nachweis eines außerordentlichen universellen Wertes, dies aber sicher nicht im Sinne vereinzelnder, exklusiver Alleinstellung. Vielmehr soll der Titel grenzüberschreitend Gemeinschaft stiften und inklusive Beispielhaftigkeit vermitteln — im Sinne der Welterbekriterien mit dem ein Leben lang lernenden Menschen als Gegenüber. Statt vereinzelter Weltwunder sind die als Welterbe ausgezeichneten Orte, Dokumente und Ideen eine Art von Portalen, durch die der Mensch in eine historische Kulturepoche oder in das Archiv unserer Erde eintreten beziehungsweise den immateriellen Leistungen des menschlichen Geistes begegnen kann. Stärkung des BildungsaspektsWie könnte sich die Wahrnehmung des Weltkulturerbes weiterentwickeln? Wünschenswert wäre zunächst, dass sie sich etwas aus der ausschließlichen Zuordnung zur institutionalisierten Denkmalpflege löst, die bisher als alleinige Beurteilerin und Hüterin des außerordentlichen universellen Werts auftritt. Weiterhin sollten die jeder Weltkulturerbestätte innewohnenden, spezifischen Bildungschancen stärker in die Betrachtung des universellen Wertes einbezogen werden. Künftige Managementpläne sollten daher nicht nur eine Personal- und Finanzplanung in Bezug auf Erhalt, Pflege, Erforschung und Präsentation von Denkmälern und Sichtachsen enthalten. Es müsste auch die feste Absicht eines qualifizierten Vermittlungs- und Forschungsangebotes formuliert sein: Gleichberechtigt sollten neben Besuchsinformationszentren auch Lern- und Begegnungsorte am authentischen Geschichtsort geschaffen werden, inklusive der Einstellung von pädagogischem Personal. Neben Erhalt und Konservierung müssen ebenso Forschung und Lehre treten, und damit die Produktion und Verbreitung von neuen Erkenntnissen und neuem Wissen. Nationale wie internationale Monitoring-Verfahren sollten dementsprechend dem Erschließen des Geistes einer Welterbestätte ebenso viel Aufmerksamkeit zuwenden wie dem einwandfreien Erhalt seiner baulichen Integrität. Gerade Welterbestätten, die nicht unserer europäischen Vorstellung von Monumentalität entsprechen, brauchen diese Form der Deutung und Pflege, um nicht hinter den inhaltlich gleich bedeutenden, aber augenfälligeren Besuchermagneten zurückzustehen.Weltumspannendes NetzwerkEin weiterer Aspekt, der wirklich große und unverständlicherweise immer noch weitestgehend brachliegende Potenziale birgt, ist die Wahrnehmung des globalen Welterbes als weltumspannendes Netzwerk, das durch die Welterbekonvention der UN und die übergeordnete Idee einer Kultur des Friedens zusammengehalten wird, zu der sich fast alle Staaten der Welt bekennen. Müsste sich nicht grundsätzlich jede Welterbestätte als Teil eines Ganzen fühlen und sich mit anderen auf nationaler, oder besser noch, auf internationaler Ebene verbinden? Dass dies nicht nur eine abstrakte Vision bleibt, sondern zu einer konkreten Anforderung an jede Welterbestätte wird, wäre der größte Wunsch an die Zukunft der Welterbe-Idee. ‹
UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Lorsch
www.kloster-lorsch.de
Das Kloster Lorsch ist eine Liegenschaft der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen.
UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Lorsch
www.kloster-lorsch.de
Das Kloster Lorsch ist eine Liegenschaft der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen.
UNESCO-Welterbestätten in Deutschland
Insgesamt 1.154 UNESCO-Welterbestätten gibt es weltweit. 51 liegen in Deutschland, von denen 48 Kulturstätten und drei Naturstätten sind. Die erste deutsche Welterbestätte war der Aachener Dom, der 1978 in die Liste aufgenommen wurde. 1981 folgte als zweite deutsche Stätte der Speyerer Dom. Aktuelle Neuzugänge sind die Mathildenhöhe in Darmstadt, die SchUM-Städte Mainz, Worms und Speyer mit ihrem jüdischen Erbe, der Niedergermanische Limes sowie der Donaulimes, die allesamt in diesem Jahr in die Liste aufgenommen wurden. Mit Baden-Baden, Bad Kissingen und Bad Ems sind zudem drei deutsche Orte in dem Zusammenschluss „Bedeutende Kurstädte Europas“ vertreten, der in diesem Jahr ebenfalls Eingang in die Liste fand. Ein weniger rühmliches Kapitel der deutschen UNESCO-Welterbe-Geschichte ist das Dresdner Elbtal, das 2004 als Weltkulturerbe anerkannt wurde, nach dem Bau der das Tal überspannenden Waldschlösschenbrücke 2009 jedoch wieder von der Liste gestrichen wurde.Bildnachweis:
Michael LeukelStaatliche Schlösser und Gärten Hessen
Das UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Lorsch ist das bedeutendste Bauwerk, das die Hessische Schlösserverwaltung in der Metropolregion Rhein-Neckar betreut. Sein Freilichtlabor Lauresham zieht wie auch der romantische Staatspark Fürstenlager in Bensheim-Auerbach Jung und Alt an. Außerdem gehören auch die Burgen Auerbacher Schloss und Hirschhorn zum Einzugsgebiet der Hessen sowie das Erbacher Schloss mit den gräflichen Sammlungen und dem Deutschen Elfenbeinmuseum. Ein weiteres Kleinod ist die Einhardsbasilika in Michelstadt-Steinbach, eines der letzten Beispiele authentisch erhaltener karolingischer Architektur.
AdresseStaatliche Schlösser und Gärten Hessen // Schloss // 61348 Bad Homburg v.d.Höhe // Telefon: 06172 9262-0 // E-Mail: info@schloesser.hessen.de
Infosschloesser-hessen.de