› Wie haben die Menschen vor 1.200 Jahren ihre Häuser geheizt? Wie haben sie ihre Felder bestellt, was haben sie gegessen und wie ihre Kleider hergestellt? Mit solchen Fragen beschäftigt sich das Freilichtlabor Lauresham. Es versucht, die frühmittelalterliche Lebenswirklichkeit nachzubilden und sie so zu erforschen. Knochenschnitzen, Töpfern, BackenAls Eins-zu-eins-Modell bildet Lauresham einen frühmittelalterlichen Herrenhof aus der Zeit um 800 nach Christus ab. So wird nicht nur für die Besucher*innen erfahrbar, wie ein Grundbesitzer, seine Angehörigen sowie die freien und unfreien Untergebenen mit ihren Familien damals lebten und arbeiteten. Mit mehr als 25 (re-)konstruierten Gebäuden, mit Wiesen, Weiden und Feldern bietet Lauresham einen haptischen Zugang zu dieser Zeit: zur Einrichtung von Wohnräumen, zu alten Handwerkstechniken, zur Herstellung und Zubereitung von Nahrung, zu den Freizeitbeschäftigungen der Erwachsenen und zu den Spielen der Kinder. Beim Knochenschnitzen, Töpfern, Backen sowie bei vielen anderen spannenden Workshops oder Themen-führungen lernen kleine und große Besucher*innen das Mittelalter aus einer neuen Perspektive kennen und können sich mit dieser Zeit auseinandersetzen.
An den offenen Sonntagen und an speziellen Aktionstagen führen die Mitarbeitenden von Lauresham alte handwerkliche und landwirtschaftliche Techniken, wie das Arbeiten mit Zugrindern, vor. Damit schlagen sie die Brücke zum zweiten Schwerpunkt des Freilichtlabors als Forschungsstätte der Experimentellen Archäologie, einem Spezialgebiet der Archäologie, bei dem Fragestellungen mithilfe von Experimenten und historisch getreuen Nachbildungen untersucht werden. Gleichzeitig ist Lauresham ein Drehkreuz nationaler und internationaler Kooperationen. Mit diversen Partnern, darunter der Technischen Universität Darmstadt und den Universitäten von Oxford und Dublin, verfolgt das Lauresham-Team wissenschaftliche Projekte. Die Experimente können die Besucher*innen oftmals live miterleben. So werden beispielsweise regelmäßig Raumklima-Versuche durchgeführt, um herauszufinden, wie in den Lehmhäusern der damaligen Zeit effektiv geheizt werden konnte und ob die offenen Feuer eine erhöhte Schadstoffbelastung verursachten.
Doch die Erkenntnisse der Experimentalarchäolog*innen bringen nicht nur Licht in eine weit zurückliegende Vergangenheit, sondern liefern auch Anregungen für die Zukunft. Angesichts der Herausforderungen des Klimawandels kommt den Experimenten zur frühmittelalterlichen Landwirtschaft eine besondere Bedeutung zu. Ein Beispiel: In Lauresham wurden sogenannte Wölbäcker rekonstruiert. Dabei handelt es sich um eine gewölbte Ackerform mit einem charakteristischen Wechsel aus Senken und Rücken, die vom 9. bis ins 19. Jahrhundert verbreitet war. Mithilfe von Zugrindern wird seit acht Jahren auf diesen Flächen Getreide nach den Prinzipien der Dreifelderwirtschaft angebaut. Parallel zur landwirtschaftlichen Arbeit erheben die Mitarbeitenden wissenschaftliche Daten zu Bodentemperatur, Bodenfeuchtigkeit und Ertrag. Das Ergebnis der Dokumentationen zeigte, dass die Menschen des Mittelalters mit den Wölbäckern eine findige Maßnahme entwickelt hatten, mit der sie das Risiko von Ernteausfällen minimierten: Durch die spezielle Form der Äcker entstehen in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Mikroklimata, die unabhängig von Nässe oder Trockenheit ausgeglichene Ernten ermöglichten.Mehr Wertschätzung für handwerkliche ProdukteMit seiner vielschichtigen Forschungs- und Vermittlungsarbeit möchte Lauresham Menschen anregen, sich näher mit aktuellen gesellschaftlichen Themen zu beschäftigen. So erfahren hier Kinder, Jugendliche und Erwachsene zum Beispiel, wie viel Mühe und Aufwand es kostet, bis aus einem Samenkorn ein Nahrungsmittel entsteht oder aus einem Rohstoff ein Kleidungsstück. Sie lernen so, den Wert von Handwerk und von handwerklich gefertigten Produkten höher zu schätzen. Gleichzeitig erfahren die Besucher*innen in Lauresham, dass die Ideen und Praktiken unserer Vorfahren durchaus auch Impulse geben können, um aktuelle Herausforderungen zu bewältigen. Was kann man, neben einem spannenden Ausflugstag, mehr von einem Museum in unserer Zeit erwarten? ‹
Tag der offenen Tür mit großem Feldtag, 10. März 2024
Tag der Experimentellen Archäologie, 05. Mai 2024
Tag der offenen Tür mit großem Herbstfest und Handwerkermarkt, 27. Oktober 2024Ausstellungen
„Yoke — Joug — Ayoko. Eine Kulturgeschichte des Jochs durch die Jahrtausende“, 10. März bis 28. April 2024
„Experimentelle Archäologie erleben“, Fotoausstellung, 05. Mai bis 31. August 2024
„Meilensteine — Zehn Jahre Freilichtlabor Lauresham“, Fotoausstellung, 15. September bis 15. Dezember 2024
UNESCO-Welterbestätte Kloster Lorsch
www.kloster-lorsch.de
Zehn Jahre Lauresham — das Jubiläumsprogramm
Zum Jubiläum bietet das Freilichtlabor Lauresham das ganze Jahr über Aktionen und Ausstellungen. AktionstageTag der offenen Tür mit großem Feldtag, 10. März 2024
Tag der Experimentellen Archäologie, 05. Mai 2024
Tag der offenen Tür mit großem Herbstfest und Handwerkermarkt, 27. Oktober 2024Ausstellungen
„Yoke — Joug — Ayoko. Eine Kulturgeschichte des Jochs durch die Jahrtausende“, 10. März bis 28. April 2024
„Experimentelle Archäologie erleben“, Fotoausstellung, 05. Mai bis 31. August 2024
„Meilensteine — Zehn Jahre Freilichtlabor Lauresham“, Fotoausstellung, 15. September bis 15. Dezember 2024
UNESCO-Welterbestätte Kloster Lorsch
www.kloster-lorsch.de
Bildnachweis:
Michael C. ThummStaatliche Schlösser und Gärten Hessen
Das UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Lorsch ist das bedeutendste Bauwerk, das die Hessische Schlösserverwaltung in der Metropolregion Rhein-Neckar betreut. Sein Freilichtlabor Lauresham zieht wie auch der romantische Staatspark Fürstenlager in Bensheim-Auerbach Jung und Alt an. Außerdem gehören auch die Burgen Auerbacher Schloss und Hirschhorn zum Einzugsgebiet der Hessen sowie das Erbacher Schloss mit den gräflichen Sammlungen und dem Deutschen Elfenbeinmuseum. Ein weiteres Kleinod ist die Einhardsbasilika in Michelstadt-Steinbach, eines der letzten Beispiele authentisch erhaltener karolingischer Architektur.
AdresseStaatliche Schlösser und Gärten Hessen // Schloss // 61348 Bad Homburg v.d.Höhe // Telefon: 06172 9262-0 // E-Mail: info@schloesser.hessen.de
Infosschloesser-hessen.de