› Ganze 14 Jahre war Wolfgang Amadeus Mozart alt, als seine Oper „Mitridate, re di Ponto“ im Jahr 1770 im Teatro Regio Ducale in Mailand uraufgeführt wurde. Das Werk war dabei keineswegs seine erste Oper, wohl aber seine erste Opera seria, also die erste „ernste“ Oper, nachdem er zwei Jahre zuvor mit „La finta semplice“ eine Opera buffa vorgelegt hatte. Und trotz seines zarten Alters geht Mozart in Sachen Handlung in die Vollen: „Mitridate“ erzählt die Geschichte des gleichnamigen Königs, der die Nachricht von seinem Tod verbreiten lässt, um die Treue seiner beiden Söhne auf die Probe zu stellen. Was sich anbahnt, ist ein waschechter Vater-Sohn-Konflikt, ein Thema, das dem jugendlichen Mozart nicht unbekannt gewesen sein dürfte.
Die Oper, für die das Schwetzinger Rokokotheater einen prachtvollen Aufführungsort bietet, ist eine der drei frühen Opern Mozarts, die beim diesjährigen Mannheimer Mozartsommer im Mittelpunkt stehen. Immerhin schon 25 Jahre war Mozart alt, als „Idomeneo“ im Münchner Residenztheater zur Uraufführung kam. Beim Mozartsommer wird sie in der Inszenierung von Ingo Kerkhof unter der musikalischen Leitung von Dan Ettinger zu erleben sein. Die Oper ist eine faszinierende Mischung aus Mythos, Herrscherdrama und Familientragödie: Als der aus dem Trojanischen Krieg heimkehrende König Idomeneo in Seenot gerät, verspricht er Neptun den ersten Menschen, der ihm an Land begegnet — ohne zu ahnen, dass dies sein eigener Sohn sein wird. Der Kompositionsauftrag für diese Oper geht dabei auf Mozarts Mannheimer Zeit zurück: Der von Mannheim nach München übergesiedelte Kurfürst Karl Theodor erbat von ihm eine Oper für die Karnevalssaison 1781 und stellte ihm mit der ehemaligen Mannheimer Hofkapelle das seinerzeit beste Orchester zur Verfügung. Unvollendete SchönheitKomplettiert wird das Opern-Trio von „Zaide“, Mozarts erstem Versuch einer Türkenoper. Das Singspiel verschwand unvollendet in der Schublade, doch die überlieferte Musik ist von außerordentlicher Schönheit. Für den Mozartsommer arrangiert der Komponist Fredrik Zeller Mozarts Orchesterpartitur für ein Open-Air-Ensemble aus Saxofon, Marimba, Akkordeon und Bass. Gleichsam eine natürliche Bühne für die unvollendete Oper bietet der kleine Hügel im Schwetzinger Schlossgarten, auf dem der Minerva-Tempel thront. Neben diesen Eigenproduktionen werden beim Mozartsommer auch wieder zahlreiche hochkarätige Gastspiele zu sehen sein. So ist das Thalia Theater Hamburg mit einer sehr heutigen Adaption von Mozarts „Don Giovanni“ zu Gast. „Letzte Party“ ist ein Abend über die rauschhafte Ekstase und die seelischen Abgründe des Don Juan. Selbiger begeht bei Mozart und da Ponte gleich zu Beginn einen Mord und nimmt für seinen grenzenlosen Eros alles in Kauf. Der Regisseur Antú Romero Nunes ist bekannt für seine energetischen, musikalisch-verspielten und fantasievoll bebilderten Theaterabende. Die FAZ urteilt: „Was kommt, heißt offiziell ‚eine Bastardkomödie frei nach Mozart & da Ponte‘, ist aber gar nicht so frei und schon gar kein Bastard, sondern eine ziemlich stückgetreue, ziemlich durchgeknallte, stellenweise aber höchst vergnügliche Okkupation der ‚Oper aller Opern‘.“Mozart als PerformanceEine weitere unkonventionelle Auseinandersetzung mit Mozarts Werk ist die Performance „Midnight“. Für den Regisseur Tilman Hecker und die Choreografin Lynsey Peisinger liegen die ungebrochene Aktualität und Popularität des genialen Österreichers in der Struktur seiner Kompositionen, denen ein hochdramatisches Timing innewohnt. Aus dieser Annahme haben sie eine installative Performance entwickelt. Sie kombiniert Klangkunst, Tanztheater und experimentelles Musiktheater und visualisiert so das letzte Klavierkonzert, zwei Konzertarien sowie ein Lied von Mozart. Mozarts Musik ist also nicht nur zu hören, sondern vor allem zu sehen — der Transfer der musikalischen Stimmen in Bewegung ermöglicht einen vollkommen neuen Blick auf Mozarts Kompositionen.Reqiem als KlangflächeErnstere Klänge schlagen ChorWerk Ruhr und das Ensemble Resonanz mit einem großen Konzert im Dom zu Speyer an. Im Mittelpunkt steht dabei Mozarts Requiem, das gleichzeitig Ausnahmewerk und Fragment ist, da Mozart mit der Totenmesse nie fertig geworden ist. Nach der Vervollständigung durch Mozarts Schüler Süßmayer versuchten sich auch andere Komponisten an einer Fertigstellung. Einen ungewöhnlichen Weg ging dabei der 1953 geborene Komponist Georg Friedrich Haas: Er komponierte „Sieben Klangräume“ für dieselbe Instrumentalbesetzung, die auch das Requiem fordert. In die bewegten Klangflächen hinein deklamiert der Chor Auszüge aus einem Brief der Stadt Wien, der Mozart kurz vor seinem Tod in gezwirbeltem Amtsdeutsch als Anwärter auf das Kapellmeisteramt am Stephansdom bestätigt. Haas legte fest, dass seine Klangräume im Wechsel mit den von Mozart fragmentarisch hinterlassenen Sätzen des Requiems gespielt werden sollen. Eine radikale, aber höchst aufregende Lösung, die das Requiem in ein völlig neues Licht stellt.Die Weltspitze zu GastUnter den Gastsolisten des Mannheimer Mozartsommers 2016 stechen drei Namen hervor: Mit Bejun Mehta, Andreas Staier und Nils Mönkemeyer bereichern Künstler das Programm, die in ihren Bereichen zur Weltspitze gehören. Der „weltbeste“ Countertenor Bejun Mehta präsentiert gemeinsam mit der Akademie für Alte Musik Berlin die Gala „Che puro ciel“ mit einer Auswahl frühklassischer Opernarien. Der Hammerflügel-Spezialist Andreas Staier tritt zum Eröffnungskonzert unter anderem mit frühen Sonaten Mozarts auf. Und der Bratscher Nils Mönkemeyer und sein Klavierpartner William Youn begeben sich „auf Mozarts Spuren“, die sie von dessen Jugendwerken bis zu einer Hommage an die griechische Komponistin Konstantia Gourzi führen.
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Mannheimer Sommer
Der Mannheimer Sommer möchte — in Fortsetzung des erfolgreichen „Mannheimer Mozartsommers“ — den Blick noch weiter öffnen möchte auf die Fülle dessen, was die europäische Kultur hervorgebracht hat — und weiterhin hervorbringt! Gastspiele aus dem erweiterten Musiktheaterbereich ergänzen diese große Eigenproduktion: Performance, Tanz, Neue Musik, inszenierte Konzerte. Unterschiedliche Stile sind gefragt: vom klassischen Lied über Weltmusik bis zum Pop kann alles zur Grundlage für neuartige Musiktheaterabende werden.
TerminSA 16. bis SO 24. Juli 2016
AdresseNationaltheater Mannheim // Goetheplatz // 68161 Mannheim //
Kartentelefon: 0621 1680-150 // E-Mail: nationaltheater.kasse@mannheim.de
Kartentelefon: 0621 1680-150 // E-Mail: nationaltheater.kasse@mannheim.de
SpielorteNationaltheater Mannheim & Schloss Schwetzingen