Kultursommer Ludwigshafen

Jetzt geht’s ans Eingekochte

› Saumagen und Schamanismus. Das sind Begriffe, die im ersten Moment nicht viel miteinander zu tun haben. Nicht so bei der LUcina MAnià. Am Anfang stand eine ganz andere Idee, erklärt Lajos Talamonti. Aber es gehe um Transformationsprozesse, um den Spiegel einer Stadt im Fluss und so sei auch das Projekt selbst, das schon seit zwei Jahren am Wachsen ist, durch viele Veränderungen geprägt. Ursprünglich sollte zusammen mit der italienischen Community der Stadt Ludwigshafen eine Pop-up-Küche im Sommer in Ludwigshafen und Mannheim touren, Talamonti selbst hat italienische Wurzeln.

Mehr Spaß

Doch dann kam Corona. Zusammen auf öffentlichen Plätzen essen war unmöglich, und je länger Talamonti darüber nachdachte, desto mehr kam er weg von der Idee der konkreten Nahrungsmittelproduktion und dem Fokus auf nur eine einzige Community, hin zu etwas, das ein wenig abwegiger klingt, aber umso mehr Spaß verheißt und vielmehr alle Communities mit einschließen möchte. „Wir wollen ein niedrigschwelliges Projekt machen, das mit einem Augenzwinkern die vielfältigen Transformationsprozesse in Ludwigshafen und Mannheim zeigt“, erklärt der Berliner Theatermacher, der die Region von verschiedenen Produktionen für die Bürgerbühne des Nationaltheaters Mannheim und für das Theater Heidelberg kennt.

Ein Saumagen aus Erinnerungen

Zum Start des 32. Ludwigshafener Kultursommers im Juni wird die LUcina MAnià endlich eröffnet. Bürger*innen können dann zum mobilen Küchenmodul kommen und dort persönliche Gegenstände, aber auch Dinge, die sie nicht mehr länger wollen, abladen. „Wir werden dann alles zusammen in einen Topf werfen und es zu einem echten regionalen Gericht, nämlich dem Saumagen, verarbeiten“, kündigt Talamonti mit einem Lachen an. Natürlich nur im übertragenen Sinne, aber das Pfälzer Nationalgericht steht ganz gut für die verschiedenen Zutaten, die zusammengetragen werden, um etwas Neues zu schaffen. Was soll man bewahren? Was loslassen? Wie können wir mit Identitäten spielen und Dinge bewahren, ohne das Morgen über das Gestern zu stellen? Das sind die Leitfragen bei diesem Budenzauber.

„Wir möchten mit den Menschen über ihre Gegenstände in einen Dialog kommen. Der soziale Aspekt ist das zentrale Element“, erklärt Talamonti. Am Ende sollen bei einem Showcooking mit wechselnden Gästen Talismane herauskommen, die ganz anders aussehen als die Dinge, die sich in ihnen verbergen, jedoch eine Kraft entfalten, die andernorts gebraucht wird. Gebrochene Herzen könnten sich auf diese Weise genauso wieder heil gewünscht werden, wie eine neue städtebauliche Vision herbeigesehnt an Orten wie etwa der Hochstraße.

Ein faszinierender Ort

Ludwigshafen ist für ihn ein faszinierender Ort. „Es gibt wenig Gewachsenes, man kann jedoch die vielfältigen Ideen hier förmlich sehen, die aber ein gewisses Verfallsdatum hatten“, erklärt der Theatermacher. „Wir möchten dieses Potenzial nehmen und in etwas Neues verwandeln.“ Theoretischer Ausgangspunkt für das Projekt im Auftrag des Kulturbüros Ludwigshafen, das in Kooperation mit der Aktion „Saubere Stadt“ der Ludwigshafener Kongress- und Marketing-Gesellschaft und dem Mannheimer Künstler*innenhaus zeitraumexit entwickelt wurde, sind die historischen Arbeiter*innenkantinen in Italien, in denen es für die Arbeiterschaft zum Selbstkostenpreis ein Mittagsessen gab. „Hinzu kommt, dass viele Künstler*innen auch in der Gastronomie tätig sind“, betont Talamonti. „Im urbanen Raum ist das häufig die einzige Möglichkeit für sie, den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren.“ In der LUcina MAnià jedenfalls wird es Nahrung für die Seele geben, von Künstler*innen für alle, ganz umsonst. Denn die kann ja bekanntlich jede*r gebrauchen! ‹

  • Lajos Talamonti Kultursommer Ludwigshafen LUcina MAnià
Lajos Talamonti, ehemaliger Tänzer, heute freischaffender Autor, Regisseur und Performer, erforscht seit 1996 mit theatralen, dokumentarischen und performativen Mitteln soziale, ökonomische und politische Phänomene unserer Zeit. Das Spielfeld seiner Arbeit reicht von stadtraum- und ortsspezifischen Inszenierungen über Eigenentwicklungen für Bühnenräume bis hin zu interaktiven Spiele-Formaten. Seit 2013 ist er Teil des Künstler*innenkollektivs Interrobang. Er arbeitet zusammen unter anderem mit den Sophiensaelen, dem HAU, dem Theater an der Parkaue und dem Gorki Theater, dem Nationaltheater Mannheim, dem Theater der Stadt Heidelberg, Kampnagel Hamburg und dem Schauspiel Leipzig.

LUcina MAnià
03., 04. & 05. Juni, 10., 11. & 12. Juni 2022
Ort — verschiedene Orte in Ludwigshafen und Mannheim
Internet — www.ludwighafen.de
Bildnachweis:
Lajos Talamonti (privat), Karl Martin Leo Becker (Küchenmodul)

Ludwigshafener Kultursommer

Ungewöhnlichen Orte, originelle Ausdrucksformen und vielfältige Akteur*innen — das ist der Ludwigshafener Kultursommer, der alljährlich von Juni bis September ein spannendes Programm mit rund 80 Veranstaltungen bietet. Das Programm ist eine spannende Mischung aus Initiativen aus der Stadtgesellschaft und Angeboten des etablierten Kunstbetriebs, aus Kulturschaffenden aus der Region und internationalen Künstler*innen.
AdresseStadt Ludwigshafen – Kulturbüro // Bahnhofstraße 30 // 67059 Ludwigshafen // Telefon: 0621 504-2263 // E-Mail: kulturbuero@ludwigshafen.de
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