Kurpfälzisches Museum

Die mit dem Licht zauberten

› Im Goldenen Zeitalter der Niederlande ist Amsterdam eine boomende Metropole. Hier türmt sich der Reichtum der Welt — Gold und Elfenbein aus Afrika, Tabak und Pelze aus Nordamerika, Zucker und Kakao aus Südamerika und Pfeffer, Nelken und Muskat aus Asien. Das kleine Land an der Nordsee steigt im 17. Jahrhundert zur dominierenden See- und Handelsmacht auf. Überall unterhält es Handelsposten und Kolonien. Zu Hause sprudelt der Wohlstand: Nicht nur der Adel kann sich Kunst leisten, sondern auch die aufstrebende Mittelschicht.

Die ungeschönte Wirklichkeit

Rembrandt gelingt es wie vielen anderen, in Amsterdam Fuß zu fassen. Im Jahr 1664 verlegt er seine Werkstatt von seiner Geburtsstadt Leiden in die Stadt, in der die Kassen besonders laut klingeln. Der einfache Müllersohn ist zur richtigen Zeit am richtigen Ort und wird zum Liebling der Amsterdamer Oberschicht. Er malt wie kein anderer vor ihm und versteht es, die Magie des Lichts zu nutzen. Die Farbschichten trägt er voluminös, teilweise zentimeterdick auf. Die Wirklichkeit zeigt sich bei ihm ungeschönt, so wie sie ist. Dadurch entsteht der Eindruck, dass man die dargestellten Personen leibhaftig vor sich hat. Als würden sie im nächsten Moment aus dem Bild herausspazieren.

Zahlreiche Werke aus Rembrandts Umfeld

Das Kurpfälzische Museum begibt sich in seiner aktuellen Ausstellung auf Rembrandts Spuren. Neben Originalradierungen des Barockstars sind zahlreiche Werke aus dessen Umfeld zu sehen — von Zeitgenossen, Schülern und Nachfolgern wie etwa Govaert Flinck, Ferdinand Bol und Daniel de Koninck. „Wir versuchen, einen Querschnitt zu präsentieren. Was waren die beliebtesten Themen dieser Zeit? Was zeichnet die Rembrandt-Zeit in den Niederlanden aus?“, erklärt Dr. Karin Tebbe, stellvertretende Museumsdirektorin und Ausstellungskuratorin, das Konzept. Die Schau umfasst insgesamt sechs Schwerpunkte. Themen sind unter anderem das Goldene Zeitalter, die besondere Handschrift des Malers, dessen Nachfolger und Kopisten sowie der freie Markt.
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Rund 80 Exponate zeigt das Museum, darunter Werke aus dem eigenen Depot, die nie zuvor ausgestellt waren, wie zum Beispiel eine Arbeit von Jan Lievens, mit dem Rembrandt in Leiden die Werkstatt teilte. Außerdem sind Exponate aus der Sammlung des Heidelberger Industriellen Carl Louis Posselt (1838–1907) zu sehen. Seit 1907 befindet sich das Konvolut im Besitz der Stadt.

Aber auch Kunst, die sonst die Wände privater Wohnzimmer dekoriert oder im Magazin der Universitätsbibliothek von Leiden schlummert, macht die Schau zugänglich. „Die Universitätsbibliothek hat keine Räumlichkeiten, um diese Werke auszustellen. Daher war man gerne bereit, sie uns zu leihen“, berichtet Tebbe. Als Vermittlerin fungierte die Hoogsteder Museumsstiftung, Den Haag, die sich auf holländische und flämische Malerei spezialisiert hat. Neben Historienbildern, die Geschichten aus der Bibel und der griechischen Mythologie darstellen, zeigt das Kurpfälzische Museum auch Landschaften und Porträts. Gerade auf letzterem Gebiet hat Rembrandt die Kunst revolutioniert. Vielen gilt er als barocker Selfie-Macher. In seinen Selbstporträts geht es nicht um Schönheit, eher darum, verschiedene Rollen einzunehmen. Besonders in seinem Spätwerk stellt er sich ungeschönt dar.

Lebensnahe Bildnisse

In seiner letzten Lebensphase wurde es stiller um den Meister. Er verfolgte seinen persönlichen Malstil, während sich in Amsterdam die Mode änderte. Die Kunst und der Kunstmarkt orientierten sich nun an französischen Vorbildern und am Klassizismus. Rembrandt starb 1669 im Alter von 63 Jahren verarmt. An Popularität hat er aber nie verloren, auch in den folgenden Jahrhunderten wurde seine Kunst geschätzt, teilweise sogar mit fragwürdiger ideologischer Intention. „Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde er als idealer Arier instrumentalisiert, was uns heute völlig absurd vorkommt“, sagt Tebbe.

Eine Frage, die die Kuratorin besonders beschäftigt, ist, warum Rembrandt momentan wieder so gefragt ist. „Das liegt wohl daran, dass sich Rembrandt der Realität zugewandt hat. Er malte antiklassisch und antiklassizistisch“, erläutert die Kuratorin. Seine lebensnahen Bildnisse verraten etwas über den Charakter der porträtierten Personen. Rembrandt, so schwärmen seine Fans, blickt in die Seele der Menschen. Seine Licht- und Schattenwelten enthüllen, was Liebe, Begierde, Macht, Gewalt und Einsamkeit bedeuten können. Und er ist ein brillanter Geschichtenerzähler, der die griechische Mythologie und die Bibel in spannende Inszenierungen packt. Wie er damit nicht nur die Kunst, sondern auch die Nachwelt prägte, lässt sich in der Ausstellung eindrucksvoll entdecken.‹


Auf Rembrandts Spuren
23. Februar bis 29. Juni 2025
Kurpfälzisches Museum Heidelberg
www.museum.heidelberg.de
Bildnachweis:
Jacob Adriaensz Backer, „Frau mit Enkelin“, 1639, Privatsammlung © Hoogsteder Museum Foundation

Kurpfälzisches Museum

Kunst und Kultur in der Heidelberger Altstadt bietet das Kurpfälzische Museum. Mit seinen vielfältigen Beständen und deren Schwerpunkten Archäologie, Gemälde und Grafiik, Kunsthandwerk und Stadtgeschichte lädt es zu einer faszinierenden Entdeckungsreise ein, von den ersten Siedlungsspuren im Rhein-Neckar-Raum bis zu Werken der Klassischen Moderne von Beckmann, Slevogt und Corinth. Die kostbaren Bestände des Kunsthandwerks — Silber, Porzellan und Möbel — können im historischen Palais Morass bewundert werden, der „Windsheimer Zwölfbotenaltar“ von Tilman Riemenschneider in einer Sonderpräsentation.
Terminbis 29. Juni 2025
AdresseKurpfälzisches Museum // Hauptstraße 97 // 69117 Heidelberg // Telefon: 06221 58–34020 // E-Mail: kurpfaelzischesmuseum@heidelberg.de
ÖffnungszeitenDienstag bis Sonntag 10–18 Uhr
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