„Operación inversa (Umkehrung der Ideale)“ heißt die Installation, die der kubanische Künstler Ulises Morales Lamadrid bei der diesjährigen „Deltabeben. Regionale“ präsentierte. Auf grundiertes Papier hat er Fotografien von Menschen übertragen und in alte Puderdosen montiert. Die Betrachter*innen blicken auf verwaschene Porträts schwarzer Frauen, Rastafaris, Homosexueller, Wohnungsloser und Vertreter*innen anderer marginalisierter Menschengruppen, die wiederum auf sie zurückblicken. Zugleich sieht man sich aus der „richtigen“ Perspektive selbst im Spiegel. Eurozentrisch geprägte Schönheitsideale stehen so ebenso auf dem Prüfstand wie soziale Hierarchien. Die Arbeit setzte sich gegen die der anderen regionalen Künstler*innen, die bei „Deltabeben“ vertreten waren, durch und wurde von der Jury mit dem Deltabeben-Preis auszeichnete.Von Havanna an die WeinstraßeImmer wieder spielt Lamadrid mit Zuschreibungen und Stereotypen, um Machtstrukturen aufzuzeigen. Bei einem Treffen in der idyllischen Neustädter Altstadt erzählt der groß gewachsene, kubanische Künstler Ulises Morales Lamadrid mit Leidenschaft von seiner Kunst und seinem Leben. Vor allem mit seiner Frau Gisela Stahmer diskutiert Lamadrid die soziopolitischen Entwicklungen in Kuba und der Welt, aus denen sich die Werke des 1966 in Havanna geborenen Künstlers speisen. Bevor Lamadrid vor etwa zwei Jahren aus Kuba nach Deutschland kam, studierte er Freie Kunst, arbeitete als Kunsterzieher und war Kurator der städtischen Galerie Centro Provincial de las Artes Plásticas in Havanna. Die erwähnte Installation ist auch in anderer Hinsicht typisch für Lamadrids Arbeiten: An die Knappheit alltäglicher Gebrauchswaren in Kuba gewöhnt, schätzt Lamadrid das Potenzial einfacher Dinge, die er in Kunstwerke überführt: „Ich achte auf das, was hier im Überfluss einfach weggeschmissen wird. Der Materialmangel macht uns Kubaner sehr kreativ.“Ideologien und GedächtniskulturUlises Morales Lamadrid ist ein genauer Beobachter, was seine konzeptionellen Arbeiten prägt. „Das Betrachten anderer Menschen nährt mich.“ So kreisen seine Malereien, Installationen und Zeichnungen um zwischenmenschliche Fragen. Der Umgang mit Ideologien und Gedächtniskultur ist Thema seiner Kunst. Bislang hatte er die kubanische Gesellschaft mit ihrem Wandel des sozialistischen Gleichheitsgedankens im Blick. Nun schaut er sich in der Pfalz und seiner neuen Heimat Deutschland um.Seinen künstlerischen Ansatz bezeichnet Lamadrid als „visuelle Anthropologie“: Der Mensch und seine Sozialbeziehungen stehen im Mittelpunkt. Wie in einem Brennglas möchte er gesellschaftliche Strömungen einfangen. Nun lernt der spanischsprachige Künstler fleißig Deutsch, um die Gedanken und Ideen hinter seiner Kunst noch besser vermitteln zu können.
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privatLocal Heroes
In der Serie „Local Heroes“ präsentiert das KULTURMAGAZIN Macherinnen und Macher, die das Kulturleben bereichern und die Kulturregion Rhein-Neckar voranbringen.