Die Lautstärke im Haus, die Begeisterung der Besucher und Besucherinnen für unsere Attraktionen, wie die Dampfmaschine oder unsere Schienenfahrten, und die Aufbruchsstimmung, die ich hier im Kollegium empfinde. Vieles im TECHNOSEUM ist in die Jahre gekommen. Wie geht es weiter?
Zunächst einmal achte ich das, was da ist. Nicht ohne Grund kommen heute noch mehr als 160.000 Besucherinnen und Besucher im Jahr zu uns. Das liegt zum einen daran, dass wir viele herausragende Museumsstücke haben, zum anderen an unserer Idee, diese Objekte in Arbeit und in Bewegung zu präsentieren. Überall passiert etwas, man kann dabei sein, kann selber mitmachen. Das sind die Stärken dieses Hauses. Doch die ursprüng-
liche Idee einer Zeitreise wird nicht mehr konsequent durchgehalten. Zudem haben sich die Seh- und Besuchsgewohnheiten der Besucher geändert, die Aufmerksamkeitsspanne wird kürzer. Wir sind ein wichtiger Ort für Schulen. Deshalb sollten wir uns auf diese besonders einstellen und unsere Ausstellung auch an den Lehrplänen orientieren. Wir sollten es ihnen schmackhafter und einfacher machen, bestimmte Lehrinhalte bei uns zu erfahren.Was wird sich in den nächsten zehn Jahren konkret ändern?
Das Haus wird schon in wenigen Jahren ein anderes Gesicht haben. Das beginnt beim Betreten des Hauses. Wir werden das Foyer überarbeiten. Als Gast fühle ich mich gleich willkommen. Es wird dann jedes Jahr ein Stück neues TECHNOSEUM geben, und ich kann als Besucher oder Besucherin sehen, wie eine Ausstellung aufgebaut wird, kann Fragen stellen und interagieren und in gewisser Weise auch Einfluss nehmen. Parallel dazu bauen wir unsere Kapazitäten im Bereich Bildung deutlich aus. Wie sieht es mit den Sonderausstellungen aus?
Sonderausstellungen sind eine tolle Sache, denn man kann witzige, ungewöhnliche, freche und queere Themen mit reinnehmen. Allerdings kosten sie auch viele Ressourcen: Zeit, Personal, Geld. Deshalb werden Sonderausstellungen in den kommenden Jahren keine Rolle mehr spielen. Dafür stellen wir die kontinuierliche Erneuerung einzelner Teile der Dauerstellung jeweils unter ein Thema. Daraus entstehen neue Sonderausstellungen, die aber nicht am Tag X wieder abgebaut werden, sondern eben bleiben.
Wir haben neun verschiedene Themenbereiche identifiziert, in denen Technik eine wichtige Rolle spielt oder in Zukunft spielen wird. Wir sind jetzt dabei, dazu Ausstellungen zu entwickeln. Zum Beispiel wird es ein Themencluster Medizin — Medizintechnik — Medizin der Zukunft geben. Dort geht es sehr viel um künftige Verfahren. Es geht um die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine sowie um ethische Fragen. Ein weiterer Themenbereich wird Mobilität sein, wo wir uns gemeinsam mit den Besucherinnen und Besuchern Gedanken machen. Nicht nur darüber, wie die Menschen in der Vergangenheit gereist sind, sondern auch darüber, wie wir das in der Zukunft gestalten werden. Warum reisen wir eigentlich? Was ist unser Antrieb? Doch das ist nur ein Ausschnitt.Wo soll das ganze Geld herkommen?
Unsere finanziellen Spielräume werden immer enger durch die extrem steigenden Energiepreise. Wir reagieren mit Einsparungen — beispielsweise mit der Einführung eines Schließtages und mit Preisanpassungen. Doch unser oberstes Ziel bleibt es, einen Besuch im TECHNOSEUM für Familien erschwinglich zu halten. Deshalb haben Kinder unter sechs Jahren freien Eintritt, und wir bieten weiterhin eine Familienkarte an. Außerdem haben wir ein neues Angebot eingeführt: die FREIzeit. An jedem letzten Freitag im Monat ist der Eintritt ab 13 Uhr frei. Damit zahlt man für gebuchte Kindergeburtstage, Workshops und Führungen dann lediglich den günstigen Grundpreis — ohne zusätzlichen Eintritt. Wir bemühen uns aber auch um zusätzliche Mittel über Forschungsprojekte, Projektanträge und Förderungen von der Industrie. Dadurch haben wir 2023 Investitionsmittel in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro eingeworben. Das ist ein Anfang. Und es gibt sehr vielversprechende Gespräche mit Unternehmen aus der Region, die etwas gegen den Fachkräftemangel und für die naturwissenschaftliche und technische Bildung tun wollen. Unternehmen sollen mit ins Boot kommen. Wie steht es dann um die Autonomie und Neutralität eines Museums?
Das ist ein wichtiger Punkt. Museen haben mit Abstand vor allen anderen Einrichtungen und Medien, die ansonsten Informationen weitergeben, die höchste Glaubwürdigkeit. Das ist eigentlich das einzige Kapital, das wir als Museum wirklich haben. Wir werden natürlich extrem darauf achten, uns dieses Kapital nicht zu zerstören. Und das verstehen die Industriepartner.Wenn Sie als Museumschef drei Wünsche frei hätten, welche wären das?
Erstens ein Sack voller Dukaten, mit dem wir unsere Ideen umsetzen können. Zweitens für zwei Jahre eine Befreiung von der Ausschreibungspflicht, um schneller handeln zu können, und drittens den ersten in Baden-Württemberg hergestellten Quantencomputer als Schenkung für unsere Objektsammlung.Wer sollte das TECHNOSEUM in zehn Jahren unbedingt besuchen?
Die junge Nobelpreisträgerin, die hier ihren ersten MINT-Kurs gemacht hat. ‹
TECHNOSEUM
Dienstag bis Sonntag 9–17 Uhr
Erwachsene: 12 Euro / Ermäßigt: 9 Euro / Eintritt frei ab 13 Uhr am letzten Freitag eines Monats
www.technoseum.de
Bildnachweis:
Klaus Luginsland © TECHNOSEUMTECHNOSEUM
Das TECHNOSEUM ist eines der großen Technikmuseen in Deutschland. Die Entwicklungen in Naturwissenschaften und Technik vom 18. Jahrhundert bis heute sowie der soziale und wirtschaftliche Wandel, den die Industrialisierung ausgelöst hat, sind Themen der Dauerausstellung. Maschinen werden nicht einfach gezeigt, sondern in Ensembles inszeniert, Vorführtechniker erklären Arbeitsabläufe und beantworten Fragen. Selbst aktiv werden darf man in der Experimentier-Ausstellung „Elementa“: Technische Erfindungen lassen sich hier durch eigenes Ausprobieren nacherleben. Mit Sonderausstellungen zu Themen aus Naturwissenschaften, Technik und Gesellschaft ist das Museum zugleich Forum für aktuelle Debatten. Komplettiert wird das Programm durch Vorträge, Workshops und spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche.
AdresseTECHNOSEUM // Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim // Museumsstr. 1 // 68165 Mannheim // Telefon: 0621 4298-9 // E-Mail: info@technoseum.de
Öffnungszeitentäglich 9 bis 17 Uhr
Infoswww.technoseum.de