Fix und fertig seien sie am Abend, wenn sie nach einem langen Arbeitstag „im Korb“ — in schwindeliger Höhe, Wind und Wetter ausgesetzt — nur noch müde ins Bett fallen können. Aber es sei wie „ein Rausch“ und fühle sich auch an wie „Urlaub“. Wenn Mehrdad Zaeri von den Tagen erzählt, an denen er mit seiner Partnerin Christina Laube Wände mit Farbdosen bezwingt, dann erinnert es daran, wie andere von Extremsport sprechen. Gleichzeitig ist das Duo Sourati, wie sich die beiden nennen, ein Gespann der leisen Töne. Sanft wie ihr Name, der auf Persisch Altrosa bedeutet, mögen sie es unaufgeregt, suchen die feinen Zwischentöne. Eigentlich kommen die beiden aus den kleinen Formaten. Laube ist Fotografin und Zaeri Illustrator. Gemeinsam haben sie sich dann aber die große Form zugetraut, als die Anfrage für die erste Wandbemalung in der Mannheimer Innenstadt kam. „Wir fanden es spannend, weil es das Gegenteil von dem ist, was wir sonst so machen.“ Nicht nur Größe und Technik, sondern auch das Arbeiten inmitten des Stadtlebens unter den Blicken neugieriger Passant*innen waren eine Herausforderung. Wir hatten einen kleinen Crashkurs bei einem Heidelberger Graffiti-Künstler“, erinnert sich Zaeri. „Aber letztendlich mussten wir unseren eigenen Weg, unseren eigenen Rhythmus finden.“ Mittlerweile arbeiten die beiden fast intuitiv, haben seitdem viele Wandgemälde — sogenannte Murals — gestaltet und Kontakte in die Szene geknüpft. Weil sie die Patina der Wände mögen, arbeitet das Duo Sourati ohne Grundierung. Farben werden nur sparsam verwendet. Viele der Motive gehen auf die Skizzenbücher Zaeris zurück, diesen skizzenhaften Charakter kennzeichnen auch die Sourati-Murals. „Meine Frau hat einen sehr guten Blick dafür, was auch in Großformat funktionieren könnte, und häufig die knackigeren Ideen, wie etwas zum Ort passend modifiziert werden kann“, sagt Zaeri. „Die Geschichte der Orte spielt für uns immer eine wichtige Rolle. Wir begreifen uns in erster Linie als Geschichtenerzähler.“
Mit Bildern Geschichten zu erzählen, war für Zaeri, der als Kind mit seiner Familie aus dem Iran nach Deutschland floh, der Schlüssel zu allem. „Am Anfang war ich ein Außenseiter, denn ich konnte die Sprache nicht. Als ich aber angefangen habe, Bilder meiner Stars wie Madonna oder Michael Jackson zu zeichnen, konnte ich erste Kontakte knüpfen.“ Gerade gönnt sich das Duo eine kleine Auszeit vom Rausch der Wände. Nicht nur körperlich, sondern auch seelisch, denn der kreative Prozess ist nicht immer einfach. „Es gibt durchaus auch Krach“, sagt Zaeri. „Wir sind zwei Köpfe, zwei Herzen und müssen am Ende eine Meinung vertreten.“ Das mache aber nichts, sagt er. Es sei ein bisschen so, wie gemeinsam ein Kind großzuziehen. Quer über die Republik verteilt und sogar bis nach Jordanien haben es diese Kinder nun schon geschafft. Es sind schöne, kluge Kinder, die Geschichten erzählen.Das Duo Sourati hat in Mannheim drei Murals für das Projekt „Stadt. Wand. Kunst“ gestaltet
Infos und Bilder unter: www.stadt-wand-kunst.de
Infos und Bilder unter: www.stadt-wand-kunst.de
Bildnachweis:
Stadt-Wand-Kunst (Porträt Sourati), Heimwärts, 2020, Rosenheim, Foto: Transit-Art-Festival (Mural)Local Heroes
In der Serie „Local Heroes“ präsentiert das KULTURMAGAZIN Macherinnen und Macher, die das Kulturleben bereichern und die Kulturregion Rhein-Neckar voranbringen.