Wilhelm-Hack-Museum / Sammlung Prinzhorn

Blühende Fantasien

› Schwebende, farbenfrohe Blüten wuchern über die Leinwand, geschwungene Linien fügen sich mit Farbflächen zu abstrakten Pflanzenformationen und in geheimnisvollen Wäldern entwickelt das Wurzelwerk ein seltsames Eigenleben. Gedanken, Visionen, Träume wachsen in Gemälden und Skulpturen zu organischen Formen — die Pflanze als künstlerischer Ausdruck von Gefühlen ist bis heute ein wiederkehrendes Motiv in der Kunst. Um eben jene Darstellungen rankt sich das Ausstellungsprojekt „Gewächse der Seele“, eine Kooperation des Wilhelm-Hack-Museums in Ludwigshafen, der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg, zeitraumexit in Mannheim, der Galerie Alte Turnhalle in Bad Dürkheim und des Museums Haus Cajeth in Heidelberg.

Grenzbereiche zwischen Normalem und Krankhaftem
Unter verschiedenen Gesichtspunkten widmen sich die Ausstellungshäuser den vielfältigen Darstellungen des Innenlebens als Seelengewächs. Schwerpunkt ist dabei die Entwicklung der Outsider Art — von der Entstehung der Idee über Wechselwirkungen mit der etablierten Kunstgeschichte bis hin zu heutigen Erscheinungsformen.

Pflanzen beschäftigen bereits den Symbolismus, der sich seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verstärkt mit psychischen Erfahrungen auseinandersetzt. Grenzbereiche zwischen Normalem und Krankhaftem, zwischen Bewusstsein und Unbewusstem wurden damals neu bewertet und ausgelotet. Ausgehend von dieser neuen Perspektive haben bis heute sowohl etablierte Künstlerinnen und Künstler als auch Outsider-Künstler zahlreiche Werke geschaffen, die Bilder der Seele zu Tage fördern sollen.

Symbolismus und Surrealismus
These des Projekts ist zudem, dass der Symbolismus erst das Interesse an „Bildnerei der Geisteskranken“ und mediumistischer Kunst geöffnet hat. Ihm folgte die Emphase der Surrealisten für diese Kunstäußerungen des Irrationalen.
Das Ausstellungskapitel im Wilhelm-Hack-Museum stellt erstmals umfassend Werke des Symbolismus und Surrealismus zeitgleichen Werken gegenüber, die heute der Outsider Art zugerechnet werden. Dabei hinterfragt die Schau die feste Abgrenzung von etablierter Kunst und Outsider Art und unterstreicht die fließenden Übergänge der Kunstproduktionen unter ganz unterschiedlichen Voraussetzungen. Gezeigt werden unter anderem Werke von Mikalojus Konstantinas Ciurlionis, William Degouve de Nuncques, Max Ernst, Barbara Honywood, Paul Klee, Hilma af Klint, František Kupka, Séraphine Louis und Odilon Redon.
  • Fünf Häuser sind Teil der Ausstellung "Gewächse der Seele". Viele Werke sind der Outsider Art zuzuordnen, wie auch dieses, das in der Sammlung Prinzhorn zu sehen ist: Le voyageur Francais (Fall 470), ohne Titel, undatiert, Deckfarben und Tinte auf Zeichenpapier, Sammlung Prinzhorn, Heidelberg, Universitätsklinikum Heidelberg
  • Im Wilhelm-Hack-Museum zu sehen: Barbara Honywood: Album Page XII, 1864, Aquarellfarbe und Tinte auf Papier, Bethlem Museum of the Mind, London und…
  • Séraphine Louis, Grappes de Raisin, ca. 1930, Öl auf Leinwand, Private Collection, Courtesy Galerie Dina Vierny, Paris
  • Auch Pflanzenfantasien berühmter Maler sind im Wilhelm-Hack-Museum vertreten, wie hier Max Ernst, Vegetationen, 1916
  • Zu sehen im Museum Haus Cajeth in Bad Dürkheim: Meine Meinung zu Blumen (8-teiliges Werk), 2015, Tusche auf Karton (Foto: Peter Empl)

Die Sammlung Prinzhorn in Heidelberg präsentiert eine Auswahl vielfältiger Pflanzenmotive aus psychiatrischen Anstalten zwischen 1900 und 1940. Die Werke stammen unter anderem von Else Blankenhorn, Heinrich Hack, Hanna Hellmann, Wilhelm Maasch und Frau von Zinowiew. Als Einzelposition stehen dem die Frühwerke der tschechischen Künstlerin Anna Zemánková gegenüber.

Die Ausstellungen im Museum Haus Cajeth und der Galerie Alten Turnhalle setzen die Thematik bis in die Gegenwart fort. Zeitraumexit erweitert die Fragestellung mit inklusiven Performances und Theaterprojekten. Performative Interventionen sowie partizipative und inklusive Installationen durchziehen das gesamte Projekt. ‹


Performance-Programm
03.05. & 04.05. Every body electric — Performance Doris Uhlich
04.05. & 05.05. Energetic icons — Workshop Doris Uhlich
11.05. & 12.05. Butterblumen des Guten — Performance Theater Thikwa (im Eintanzhaus)
05.07. & 06.07. Mis-wandering Liturgy — Performance Atelier dell’Errore
Alle Infos/Termine: www.zeitraumexit.de


Gewächse der Seele — Pflanzenfantasien zwischen Symbolismus und Outsider Art
31. März bis 04. August 2019
Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen // Sammlung Prinzhorn, Heidelberg // zeitraumexit, Mannheim // Galerie Alte Turnhalle, Bad Dürkheim // Museum Haus Cajeth, Heidelberg
Eröffnung — Sonntag, 31. März 2019, 11 Uhr im Wilhelm-Hack-Museum mit anschließendem Shuttleservice zu allen beteiligten Häusern
www.wilhelmhack.museum
Bildnachweis:
Helena Philomena Klara Katinka Maisch; ohne Titel, 1919, Universitätsklinikum Heidelberg (Sammlung Prinzhorn)

Wilhelm-Hack-Museum

Wahrzeichen des Wilhelm-Hack-Museums ist seine Keramikfassade, die Joan Miró 1980 gestaltete. Heute gilt das Haus als das wichtigste Museum für die Kunst des 20. und 21.Jahrhunderts in Rheinland-Pfalz. Seine Schwerpunkte liegen auf der Klassischen Moderne, aber auch auf der konstruktiv-konkreten Kunst nach 1945. Profilierte Sonderausstellungen, Workshops und ein breit gefächertes Veranstaltungsprogramm machen das Museum zu einem kulturellen Zentrum von Ludwigshafen.
AdresseWilhelm-Hack-Museum // Berliner Straße 23 // 67059 Ludwigshafen // Telefon 0621 5043045 // E-Mail: hackmuseum@ludwigshafen.de
ÖffnungszeitenDienstag, Mittwoch & Freitag 11–18 Uhr // Donnerstag 11–20 Uhr // Samstag, Sonntag & Feiertage 10–18 Uhr
  • Das sollten Sie nicht verpassen

    Julian Irlinger – Fragments of a Crisis

    Notgeld bezeichnet ein lokales Papiergeld, das durch private Hand – wie etwa Gemeinden – während der Inflation in der frühen Weimarer Republik als Parallelwährung und auch als Sammelobjekt gehandelt wurde. Regionale Künstler haben das Notgeld mit mannigfaltigen Botschaften gestalterisch aufgeladen. In der Schau „Fragments of a Crisis“ löst der Berliner Künstler Julian Irlinger bestimmte Ausschnitte aus dem Kontext und konfrontiert dadurch mit der subversiven Bildsprache
    der Krisenzeit, ohne das historische Material unmittelbar darzustellen.

    Rudolf-Scharpf-Galerie, Ludwigshafen,
    bis 28.04.2018,
    www.wilhelmhack.museum
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