› Das Besondere daran: Luther trat kein einziges Mal auf. „Wir haben ein ziemlich fixiertes Bild von diesem Menschen“, erklärt Bärfuss. „Wir schließen die Augen und sehen eine Gestalt in diesem Talar mit dem Barett. Es ist künstlerisch uninteressant, diese Reflexe zu bedienen.“ Dafür zeigte der Schweizer Dramatiker ein Panoptikum mit skurrilen Zeitgenossen — Schauspielerin Sunnyi Melles schlüpfte beispielsweise in die Rolle des entrückten Papstes Leo X., Barbara Colceriu spielte den Kurfürsten Friedrich von Sachsen, einen Strippenzieher und Lutherfreund, und Jan Thümer gab den machtfixierten Kurfürsten Joachim von Brandenburg. Anfang August ging das Festival unter großem Applaus zu Ende. Rund 10.500 Besucher*innen sahen insgesamt 16 Vorstellungen, keine einzige musste wegen Regens abgesagt werden. Inzwischen haben die Festivalmacher*innen den Blick schon in die Zukunft gerichtet. Die Vorbereitungen für die nächste Saison laufen auf vollen Touren. Dann steht die Uraufführung „hildensaga. ein königinnendrama“ auf dem Programm. Ferdinand Schmalz, Nestroypreisträger und Shootingstar der österreichischen Dramatik, erzählt die Geschichte der Nibelungen aus einer neuen Perspektive. Aus der Sicht der Frauen. Regie führt Roger Vontobel, dessen Inszenierung in Worms 2018 von Publikum und Medien gefeiert wurde. ‹
Echte Schurken – Jürgen Tarrach (links) gibt den ablassfixierten Kardinal Albrecht zu Brandenburg und Jan Thümer seinen Bruder, den machtbewussten Kurfürsten Joachim von Brandenburg. Als dessen Frau Elisabeth Lutheranerin wird, kommt es zur handfesten Beziehungskrise.
Cooler Luther-Fan – Großartig stellt Barbara Colceriu in einem Glaskiosk mit Luther-Postern Friedrich den Weisen, einen Unterstützer des Reformators, dar. Für die Rolle des Kurfürsten von Sachsen ist die Schauspielerin mit dem Mario-Adorf-Preis ausgezeichnet worden.
Ganz schön queer — Der Papst ist eine Päpstin. Sunnyi Melles brilliert in weißgoldenem Ornat und blonden Locken unter der Mitra als Papst Leo X. Sie überzeugt als Würdenträger, dem jede Vernunft abhanden gekommen ist: Lieber vertreibt Leo sich die Zeit mit seinem Elefanten Hanno, einem historisch verbürgten Geschenk des portugiesischen Königs, als mit dem kleinen dicken Rebellen in Deutschland.
Nibelungen- Festspiele 2022
15. bis 31. Juli 2022
Wormser Dom
www.nibelungenfestspiele.deTipp! Die große Landesausstellung „Hier stehe ich. Gewissen und Protest — 1521 bis 2021“ in Worms ist bis zum 31. Dezember geöffnet.
Nibelungen- Festspiele 2022
15. bis 31. Juli 2022
Wormser Dom
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Bildnachweis:
David BaltzerNibelungen-Festspiele
Seit 2002 finden die Nibelungen-Festspiele jährlich im Sommer als Open-Air-Theaterereignis vor dem Dom statt. Die Festspiele erreichen jährlich ein großes Publikum und bescheren der Stadt am Rhein eine hohe Aufmerksamkeit. Aber nicht nur die Aufführungen vor der Domkulisse machen die Festspiele zu einem einmaligen Kulturereignis: Auch das hochwertige Rahmenprogramm sowie der Heylshofpark, der zu Deutschlands schönsten Theaterfoyers zählt, lockt jedes Mal zahlreiche Besucher.
TerminFR 15. bis SO 31. Juli 2022
AdresseNibelungen-Festspiele Worms // Von-Steuben-Straße 5 // 67549 Worms
SpielorteKaiserdom, Worms
Ticketswww.nibelungenfestspiele.de