TECHNOSEUM

Voller Energie

  • technoseum mannheim energie erleben Calorifère

Mehr als heiße Luft!

Eine Luftheizung, auch Calorifère genannt, ist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der letzte Schrei: Dieser Kohleofen wird in den 1870er-Jahren im Keller des Heidelberger Amerikahauses — damals Privatvilla und heute das Deutsch-Amerikanische Institut — eingebaut, zu einer Zeit, als eine Zentralheizung noch purer Luxus ist. Mächtige, in der Wand verlegte Rohre verteilen die Wärme im Haus — ohne Brandgefahr und deutlich unauffälliger als die damals üblichen Stubenöfen. Gleichzeitig kann dieses Gerät mit seinen anderthalb Tonnen nur im Keller eingebaut werden, andernorts würde es die Gebäudestatik aus der Balance bringen. Als nach dem Krieg auf ein neues Heizsystem umgestellt wird, mauert man das knapp zwei Meter hohe Ungetüm lieber ein, als es auszubauen. Erst bei einer Totalrenovierung im Jahr 1996 wird das gute Stück wiederentdeckt und von TECHNOSEUM-Mitarbeitern mühsam ausgebaut.



  • technoseum mannheim energie erleben Calorifère Krawattenbügler fasson 1955

Glatte Krawatte

Mit dem Wirtschaftswunder nimmt die Elektrifizierung in Deutschland Fahrt auf: Die Preise für Strom und Elektrogeräte fallen, und für nahezu jede Arbeit, die im Haushalt anfällt, werfen Hersteller ein passendes Elektrogerät auf den Markt — so auch diesen Krawattenbügler aus dem Jahr 1955. Der aufgeheizte Metallkörper des Modells „Fasson“ glättet die Krawatte schonend von innen und sorgt so für Form und Volumen. Der Bügler ist zu speziell, um sich flächendeckend durchzusetzen. Viele andere elektrische Haushaltsgeräte jedoch — vom Bügeleisen über den Kühlschrank bis hin zum Staubsauger — gehören bald zum Standard in den eigenen vier Wänden. Das hat auch gesellschaftliche Folgen: Weil der Einsatz elektrischer Haushaltsgeräte enorm viel Zeit spart, kann die Hausfrau nebenher oft noch einem Beruf nachgehen. So tragen Waschmaschine und Geschirrspüler indirekt zur Emanzipation bei.



  • technoseum mannheim energie erleben e-scooter

Praktisch, hip — und umweltfreundlich?

E-Scooter zum Leihen sind seit dem vergangenen Sommer auch auf den Straßen in Mannheim allgegenwärtig. Sie gelten als coole und umweltfreundliche Alternative zum Auto. Aber stimmt das auch? Sicher, eine Fahrt auf dem Roller verursacht keine Abgase im Straßenverkehr. Für eine Ökobilanz müssen allerdings auch die Emissionen mitgerechnet werden, die bei seiner Herstellung entstehen — und da benötigen Lithium-Ionen-Akkus und Aluminiumrahmen eben jede Menge Energie, zumal viele E-Roller in China und mit Kohlestrom produziert werden. Auch der Betrieb ist energieintensiv: Die Anbieter sammeln nachts die Roller mit dem Kleintransporter ein, laden sie auf und verteilen sie morgens wieder über die Stadt. Alles in allem produziert ein Elektroroller also 88 bis 126 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer. Damit schneidet er in der Tat besser ab als ein Auto. Richtig umweltfreundlich ist aber vor allem der, der eine kurze Strecke einfach läuft.



  • technoseum mannheim energie erleben handwagen

Kaum Kohle

Nach dem Krieg sind Lebensmittel und Brennstoffe rationiert — und dann brechen zwischen 1946 und 1948 noch zwei besonders kalte Winter über Europa herein. Die Temperaturen bleiben über Monate hinweg unter null, der Rhein friert zu, Bahngleise und Weichen vereisen. Die Kohlelieferungen aus dem Ruhrgebiet bleiben aus. Die Folge: Schulen verhängen „Kohleferien“, Städte widmen Gasthäuser zu Wärmestuben um. Dennoch sterben viele Menschen an Hunger und Kälte. Andere stehlen aus purer Not Nahrung und Brennstoffe. Der Kölner Erzbischof Josef Kardinal Frings zeigt hierfür Verständnis, weshalb sich das „Fringsen“ von Essen, Trinken und Kohle in der Umgangssprache einbürgert. Diesen Handwagen hat ein Ludwigshafener dem Museum überlassen: Seine Mutter benutzte ihn, um Kohlen zu sammeln, die von Güterzügen für die BASF auf die Gleise gefallen waren.

Energie erleben — Neue Ausstellung im TECHNOSEUM
ab 17. Juni 2020, TECHNOSEUM, Mannheim, www.technoseum.de
Bildnachweis:
TECHNOSEUM/ Fotos: Klaus Luginsland

TECHNOSEUM

Das TECHNOSEUM ist eines der großen Technikmuseen in Deutschland. Die Entwicklungen in Naturwissenschaften und Technik vom 18. Jahrhundert bis heute sowie der soziale und wirtschaftliche Wandel, den die Industrialisierung ausgelöst hat, sind Themen der Dauerausstellung. Maschinen werden nicht einfach gezeigt, sondern in Ensembles inszeniert, Vorführtechniker erklären Arbeitsabläufe und beantworten Fragen. Selbst aktiv werden darf man in der Experimentier-Ausstellung „Elementa“: Technische Erfindungen lassen sich hier durch eigenes Ausprobieren nacherleben. Mit Sonderausstellungen zu Themen aus Naturwissenschaften, Technik und Gesellschaft ist das Museum zugleich Forum für aktuelle Debatten. Komplettiert wird das Programm durch Vorträge, Workshops und spezielle Angebote für Kinder und Jugendliche.
AdresseTECHNOSEUM // Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim // Museumsstr. 1 // 68165 Mannheim // Telefon: 0621 4298-9 // E-Mail: info@technoseum.de
Öffnungszeitentäglich 9 bis 17 Uhr
facebooktwitterg+Mail