„Ein Abenteuer muss begonnen werden, wenn es beginnt“, schleudert der kauzige Landadelige Quijano seinem noch zögerlichen Komplizen, dem Gemüsebauern Sancho Pansa, entgegen. Und schwuppdiwupp, ist dieser fortan als Knappe mit dem von nun an als Ritter Don Quijote bekannten Herren unterwegs auf großer Mission — um die Welt zu einer besseren zu machen. Ein Zufall ist es nicht, dass das Theaterkollektiv Chawwerusch ausgerechnet den Cervantes-Klassiker als Höhepunkt seines Jubiläumsjahres zum 40-jährigen Bestehen gewählt hat.Kamerad, Gefährte, Freund, KomplizeDenn Abenteuer atmet schon der Name des Theaters und abenteuerlich fing alles an. Der Begriff Chawwerusch kommt aus dem Rotwelschen, einer Geheimsprache, die früher vom fahrenden Volk gesprochen wurde. Das Wort bedeutet so viel wie Kamerad, Gefährte, Freund, Komplize. Darin steckt auch schon der Gründungsgedanke des Theaters: Gleichgesinnte wagen zusammen den Sprung ins kalte Wasser und ziehen das Wandertheater den großen städtischen Bühnen vor. Am Anfang waren Walter Menzlaw, Monika Kleebauer, Ben Hergl und Felix S. Felix wirklich mit dem Pferdekarren unterwegs, bevor sie auf den Bauwagen umstiegen und schließlich Anfang der 1990er-Jahre den Tanzsaal eines ehemaligen Gasthauses in Herxheim zu ihrer festen Bühne machten.„Starker Duwak“Bequem ist das Chawwerusch trotzdem nicht geworden. Gastspiele auch an abgelegenen Pfälzer Orten mit teils spartanisch ausgestatteten Aufführungsstätten gehören immer noch dazu, genauso wie unbequeme Themen. Denn selbst wenn die Produktionen leichtfüßig scheinen und Mundart und Klamauk selten fehlen, Anspruch ist es immer, professionelles Theater abseits der urbanen Kulturzentren zu bieten. Dazu gehört auch, historisches und politisches Bewusstsein in die Region zu tragen. Zum Einstand im Herxheimer Theatersaal 1991 stellte sich die Theatergruppe mit dem Stück „Starker Duwak“ der Dorfgemeinschaft vor. Tatsächlich starker Tobak, war es doch aus Recherchen zu jüdischem Leben und Faschismus in Herxheim entstanden. Ein Stück im StückAuch Susanne Schmelcher, die als Regisseurin für den Don Quijote engagiert wurde, hat das Theater bei ihrer ersten Inszenierung — ein Stück über die queere Geschichte der Pfalz — kämpferisch und geschichtsbewusst kennengelernt. Ist der Don-Quijote-Stoff da nicht fast schon verstaubt? „Gar nicht“, sagt Schmelcher. „Das Stück ist eine Hommage an die eigenen Wurzeln und gleichzeitig eine Auseinandersetzung mit der eigenen Identität.“ Danilo Fioriti hat die Bühnenfassung geschrieben, basierend, wie üblich beim Chawwerusch, auf Improvisationen des Ensembles. So ist das Stück zum Vexierbild geworden. Don Quijote ist ein Stück im Stück. Rahmenhandlung ist die Geschichte einer Wanderbühne, bei der die Schauspieler*innen mit einigen Hindernissen kämpfen müssen, um den Cervantes-Stoff zur Aufführung zu bringen. Ein Nudelsieb als RitterhelmEine „Einladung zum Scheitern“ hat die Gruppe ihre Interpretation untertitelt. „Grundsätzlich geht es um Fantasie und eine Reflexion des Theaters und Spielens selbst. Die Rollen sind dabei wechselnd“, erklärt die Regisseurin. So können alle Don Quijote sein, es zählen keine Geschlechter, wichtig ist nur, wer gerade das Nudelsieb, pardon, den Ritterhelm, auf dem Kopf trägt. Daneben spielt auch Musik eine große Rolle. Dafür hat sich Schmelcher die Komponistin Viola Kramer an ihre Seite geholt, mit der sie schon 2015 bei ihrer Inszenierung „Anna Karenina“, für die sie mit dem Wiener Theaterpreis NESTROY ausgezeichnet wurde, zusammengearbeitet hat. Im Juni ist der Don Quijote als Freilichtinszenierung im Park der Villa Wieser als Heimspiel zu sehen. Danach geht das Stück auf — na klar — Wanderschaft durch die Südpfalz. Eine Entdeckungsreise unter Kameraden, Abenteuer ohne Ende …Don Quijote — Eine Einladung zum Scheitern
15. & 16.06.2024, 20 Uhr
Park der Villa Wieser, Herxheim
Karten und Infos: www.chawwerusch.de
15. & 16.06.2024, 20 Uhr
Park der Villa Wieser, Herxheim
Karten und Infos: www.chawwerusch.de
Chawwerusch Theater
Chawwerusch ist das professionelle Theaterkollektiv der Südpfalz mit eigener Spielstätte, das Geschichte und Geschichten erlebbar macht. Es verfügt mehr als dreißig Jahre Erfahrung in aktiver kreativer Theaterarbeit und sind stets offen für neue Ideen, Themen, Stücke und Projekte. Jährlich kommen zwei bis fünf neue Produktionen in der eigenen Spielstätte, dem Theatersaal in Herxheim, zur Aufführung. Im Zentrum des Spielplans steht die Entwicklung eigener Stücke, die sich für unterschiedliche Spielorte eignen. Seit seiner Gründung 1984 hat das Theater mehr als 100 Stücke auf die Bühne gebracht.
AdresseObere Hauptstraße 14 // 76863 Herxheim // Tel. 07276 5991 // info@chawwerusch.de
Infoswww.chawwerusch.de