Angela bügelt. Aus dem moosgrünen Stoff wird bald ein Kostüm entstehen und die 17-Jährige in Nelliel Tu Odelschwanck aus der Manga-Serie Bleach verwandeln. Die Nähmaschine dafür steht hier im Kreativraum „Ideenw3rk“ ebenso zur Nutzung bereit wie ein 3D-Drucker, Software für Video- und Tonbearbeitung oder VR-Brillen. Tringa, 14, und Pranvera, 15, lernen. Den Laptop auf dem Schoß, das aufgeschlagene Sozialkunde-Buch daneben, sitzen sie auf einem Sofa im Jugendbereich „Fre1raum“. Sie kommen fast jeden Tag hierher — um Hausaufgaben zu machen, zu lernen oder um sich einfach nur mit Freunden zu treffen. Michael Mansky stöbert. Er schlendert durch die Bücherreihen der Belletristik. Greift ein Buch heraus, blättert darin, stellt es wieder zurück, geht weiter. Unruhig sei es geworden, meint der 66-Jährige. „Ein bisschen viel Rambazamba.“ Tanja Weißmann, Leiterin der Stadtbibliothek in Ludwigshafen, formuliert es anders: „Es brummt, vor allem nachmittags.“ Dann strömen Jugendliche in die neuen, hellen Räume der Bibliothek. Fast alle Arbeitsplätze sind dann belegt, die Laptops oft vollständig ausgeliehen, die Gruppenarbeitsräume voll. 217.843 Besucher kamen im vergangenen Jahr, vor der Generalsanierung waren es 81.078. Der Umbau als ChanceDie Ludwigshafener Stadtbibliothek hat sich neu erfunden. Mit der Wiedereröffnung im August 2017, nach mehr als drei Jahren Sanierung, ist sie im digitalen Zeitalter angekommen — und wird vor allem von seinen Eingeborenen, den digital natives, begeistert angenommen. Mehr als die Hälfte der neuen Bibliotheksnutzer sind unter 18 Jahre. „Uns war immer klar, dass der Totalumbau eine große Chance ist und wir mehr wollen als nur die Bücherregale schön zu gestalten“, sagt Weißmann. Dafür haben sie sich Hilfe von Christoph Deeg geholt. Der 45-Jährige bezeichnet sich als Gestalter des digital-analogen Lebensraums, er hilft Kultur- und Bildungsinstitutionen die Digitalisierung nicht als Bedrohung, sondern als Chance zu sehen. „Das ist nicht immer einfach. Es heißt auch, sich von diesem bildungsbürgerlichen Ideal der Bibliothek zu verabschieden.“ Statt nur Regalmeter um Regalmeter Bücher bereitzustellen, sollte mehr Raum für Begegnungen entstehen. „Bibliotheken müssen lernen, unabhängig von den jeweiligen Trägermedien zu existieren — denn diese werden sich ständig ändern.“ Das Konzept dafür erarbeitete Deeg gemeinsam mit den Mitarbeitern. Und da Bibliotheken seiner Meinung nach immer die Lebensrealität ihrer Nutzer abbilden sollten, gibt es in Ludwigshafen nun auch einen Gaming Raum. 80-Jährige mit VR-BrillenDas Konzept geht auf. Besser sogar, als Leiterin Weißmann gehofft hatte. „Wir könnten immer noch mehr Arbeitsplätze einrichten, mehr Laptops verleihen“, erzählt sie. Besonders freut sie, dass das „Ideenw3rk“ mittlerweile eine Eigendynamik entwickelt. Hier diskutieren Jugendliche im Gaming-Zirkel über die Geschichten hinter den Videospielen, tauchen 80-Jährige mit VR-Brillen in virtuelle Realitäten ein, geben Bibliotheksnutzer ihr Wissen in Astrofotografie weiter. „Unsere Bibliothek ist ein Ort, der Wissen vermittelt — egal ob digital oder analog.“ Und so ist die Stadtbibliothek nun ein Ort mit 300 Quadratmetern mehr Platz, 304.000 ausleihbaren Medien, deutlich mehr Steckdosen und Sitzplätzen, einer 24-Stunden-Rückgabe, einem Automat für Kaffee und einem für Ohrstöpsel, aber vor allem: ein Ort für Menschen, nicht nur für Bücher.Stadtbibliothek Ludwigshafen
Bismarckstraße 44–48, 67059 Ludwigshafen
Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10-19 Uhr, Samstag 10-15 Uhr
open-stadtbibliothek.ludwigshafen.de
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Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10-19 Uhr, Samstag 10-15 Uhr
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Bildnachweis:
Joachim Werkmeister © Stadt LudwigshafenStadtbibliothek Ludwigshafen
Die Stadtbibliothek Ludwigshafen bietet ein breit gefächertes Spektrum an Medien, egal ob auf Papier oder digital: Vom Buch über CDs und DVDs bis hin zu E-Books und Internetzugang. Sie versteht sich als offene Einrichtung für alle Menschen. Mit Veranstaltungen wie Lesungen, Vorträgen, Ausstellungen und Konzerten präsentiert sie sich als Ort des kulturellen Austauschs und ermöglicht damit die Begegnung von Menschen verschiedener Herkunft, unterschiedlichen Alters und vielfältiger Lebensstile und Meinungen. Ergänzt wird das umfangreiche Angebot der Zentralbibliothek in der Innenstadt durch wohnortnahe, insbesondere auf Kinder, Eltern und Senioren abgestimmte Angebote der acht Stadtteil-Bibliotheken.
AdresseBismarckstraße 44-48 // 67059 Ludwigshafen // Tel. 0621 504-2601 (Literatur und Musik) // Tel. 0621 504-2605 (Wissen) // stadtbibliothek@ludwigshafen.de
ÖffnungszeitenDienstag bis Freitag 10-19 Uhr // Samstag 10-15 Uhr