feeLit – Literaturfestival Heidelberg

„Romantisiert Euch!“

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Frau Marinić, Jubiläen werden ja häufig genutzt, um ausgiebig in die Vergangenheit zu blicken. Wie wird es bei Ihnen sein?
Ich denke, dass Vergangenheit wichtig ist, auch ein Festival muss wissen, woher es kommt. Deshalb wird auch der Gründer des Festivals, der Verleger des renommierten Wunderhorn Verlags, Manfred Metzner, eingebunden. Aber es geht nicht darum, sich für die Vergangenheit abzufeiern, sondern Gegenwart zu schaffen, die der Literatur auch eine Zukunft ermöglicht. Ich setze sogar beim Motto, das ich dem Jubiläum gegeben habe, auf die Tradition der Romantik, die bekanntlich viel mit Heidelberg zu tun hat: Romanticize me! Romantisiert Euch! Auch da geht es mir aber nicht um den romantischen Blick in die Vergangenheit, sondern darum, herauszufinden, wie modern Gedanken und Künstler der Romantik waren. Das Motto spielt natürlich mit Stéphane Hessels „Empört Euch!“. Ich denke, dass nach Jahren der Empörung neue Töne viel Anklang finden könnten.

Können Sie ein Beispiel nennen, wie sich das im Programm widerspiegeln wird?
Florian Illies wird mit seinem Buch über Caspar David Friedrich einen Teil der Eröffnung gestalten, weil er zum 200. Jubiläumsjahr das Zeitgemäße an seiner Kunst herausgearbeitet hat. Der zweite Autor ist der Träger des Deutschen Buchpreises Dinçer Güçyeter mit „Unser Deutschlandmärchen“.

Das Zelt wird dieses Mal doppelt so lange wie sonst auf dem Uniplatz stehen. Warum beginnen Sie mit einem Vorfestival?
Ich habe das Zelt für zehn statt wie sonst fünf Tage gesichert. Ich möchte, dass die Literaturliebhaber das beliebte Festivalzelt genießen können und auch in anderen Formaten erleben.

Welche Formate wird es geben?
Die Zeit vor dem offiziellen Auftakt ist für zwei Themen da: das Feiern und die Autorinnen und Autoren. Ein Autor oder eine Autorin pro Abend, mehrheitlich wird es um Sachbücher gehen, aber auch Literaten sind dabei wie Didier Eribon. Wir werden eine Jubiläumsfeier im Zelt ausrichten, in der alle, die in der Vergangenheit gewirkt haben, den Abend mitgestalten: die aktuelle Kulturdezernentin Martina Pfister sowie ihre Vorgänger, Andrea Edel als Leiterin der City of Literature und natürlich die Literatur von Heidelberger Autorinnen und Autoren wie Ralph Dutli, Toni-L und Miriam Tag.

Eines Ihrer Ziele ist auch, das Festival zu verjüngen. Wie können Sie ein jüngeres Publikum erreichen?
Ich finde nichts so jugendfeindlich wie nicht mehr junge Kulturmanager, die meinen, etwas über „jüngeres Publikum“ zu wissen. Am besten sagt man dann noch Lit und Podcast (schmunzelt). Nein, ich möchte auch hier auf Qualität setzen. Texte und Autoren, die für sich sprechen. Das Kinder- und Jugendprogramm haben wir erstmals in Kooperation mit der Pädagogischen Hochschule gemacht. Jeden Morgen gibt es Programme für Jugendliche mit exzellenten Autorinnen. Necati Öziri etwa war auch für den Deutschen Buchpreis nominiert. Ich glaube nicht an Bevormundung, aber auch die Idee, sie müssten alle selbst wissen, was sie mögen, ist eine Art, sie nicht ernst zu nehmen. Was funktioniert, sind faire Ticketpreise. Besonders das Kombi-Ticket, mit dem auch WGs günstiger kommen können, hilft, aber es sind die Autoren und Themen und die Arbeit, das Angebot überhaupt, die in ihr Sichtfeld zu bringen sind. Mit Cornelia Funke haben wir eine sehr beliebte Autorin, die das Familienerlebnis stärken wird.

Eine weitere Neuerung ist, dass Sie das Festival stärker international ausrichten. Was war der Grund dafür?
Das Festival war immer schon international, mein Impuls war, diese Qualität auch stärker im Festivalnamen mitzuführen und selbstbewusster zu vermitteln, auch damit internationale Autoren es leichter einordnen können. Wir haben auch dieses Jahr herausragende Autorinnen, die nach Heidelberg kommen werden, und ich freue mich auf den Moment, in dem sie ihrem Publikum begegnen. ‹


feeLit — Internationales Literaturfestival Heidelberg
20. bis 30. Juni 2024
Spiegelzelt auf dem Uniplatz und Universität
www.feelit.de


Nicht verpassen!

Didier Eribon

Mit „Eine Arbeiterin“ widmet der französische Erfolgsautor Didier Eribon seiner Mutter posthum ein eindringliches Porträt. Er kehrt von Paris nach Reims zurück, wo er in prekären Verhältnissen aufgewachsen ist, um die todkranke Frau zu pflegen.
22. Juni 2024, 20 Uhr, Spiegelzelt, Uniplatz

Cornelia Funke

Sie ist die international wohl erfolgreichste deutsche Kinder- und Jugendbuchautorin und eine Meisterin im Erfinden fantastischer Welten. Mittlerweile lebt Cornelia Funke in Italien, von wo aus sie dem Heidelberger Publikum digital zugeschaltet sein wird, um ihren neuesten Tintenwelt-Roman vorzustellen.
23. Juni 2024, 15 Uhr, Spiegelzelt, Uniplatz

Michel Friedman

In seinem neuen Buch „Judenhass“ schildert Michel Friedman, wie sehr Antisemitismus in bestimmten Kreisen wieder gesellschaftsfähig geworden ist. Der Publizist, Rechtsanwalt, Philosoph und Moderator schreibt über das Versagen der Politik und darüber, wie wir verhindern können, dass die Gewalt gegen Juden immer weiter um sich greift.
30. Juni 2024, 16 Uhr, Alte Aula der Universität
Bildnachweis:
AnnemoneTaake (Uniplatz); Lena Giovanazzi (Marinić)

feeLit – Internationales Literaturfestival Heidelberg

Das Internationale Literaturfestival Heidelberg ist ein unverzichtbarer Bestandteil der UNESCO-Literaturstadt Heidelberg. Das Festival, das seit 1994 stattfindet, bietet eine Vielfalt an literarischen Zugängen und Formaten. Neben Lesungen von deutschsprachigen und internationalen Autoren werden Autorengespräche, performative Formate, Ausstellungen, Musikveranstaltungen und Workshops angeboten. Verlage, Buchhandlungen, Büchereien präsentieren Autoren und Neuerscheinungen.
TerminDO 20. bis SO 30. Juni 2024
AdresseStadt Heidelberg // Marktplatz 10 // 69117 Heidelberg //Telefon: +49 (0)6221 5834859 // E-Mail: feeLit@Heidelberg.de
SpielorteSpiegelzelt auf dem Uniplatz und Universität
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