Historisches Museum der Pfalz

Alles Lüge!

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› Jede Menge Ausrufezeichen und schwarzer Edding — der Verfasser der anonymen Botschaft, die dem Historischen Museum der Pfalz im Herbst ins Haus flatterte, war ganz offensichtlich sehr aufgebracht. Die Medicus-Ausstellung hatte nach dem ersten Lockdown gerade wieder ihre Pforten geöffnet, doch mit Maske und Abstand ins Museum — das war dem Beschwerdeführer nicht zuzumuten: „Die Hygienemaßnahmen sind unnötig!“, zeterte er in seinem handschriftlichen Pamphlet. „Lassen Sie sich nicht von der Politik für dumm verkaufen!“ und schließlich das unvermeidbare „Denken und Handeln sie (sic) selbst!“. Ein Corona-Leugner, zweifellos.

Wie geht man mit Corona-Leugnern um?

Nun sehen sich in diesen unruhigen Zeiten viele — ob Menschen, Institutionen und Unternehmen — mit solchen häufig seltsamen und nicht selten extrem aggressiven Reaktionen konfrontiert, die Dinge wie eine Maskenpflicht in den Tatbestand der Freiheitsberaubung erheben und die gleichzeitig die Frage nach dem richtigen Umgang mit solchen Beschwerden aufwerfen. Das Historische Museum der Pfalz wählte in diesem Fall einen ungewöhnlichen Weg: „Da wir die Medicus-Ausstellung während der Pandemieschließung ohnehin um elf sogenannte ‚Corona-Stationen‘ erweitert hatten, haben wir kurzerhand entschieden, den Brief als Exponat in diese Sektion zu integrieren — und zwar in der Station zum Thema Verschwörungstheorien“, erklärt Museumsdirektor Alexander Schubert.

Mehr als 100.000 Hits auf Facebook

Gleichzeitig machte das Museum diesen Schritt über die sozialen Medien öffentlich — und sorgte dort für jede Menge Wirbel. Allein der Facebook-Post erreichte innerhalb kürzester Zeit mehr als 100.000 Personen und wurde von fast 2.000 Usern kommentiert. „Die Reaktionen zeigten dabei sehr gut die derzeitige gesellschaftliche Situation und zunehmende Spaltung während der Pandemie“, erläutert Schubert. „Teils schlugen sich die Kommentierenden auf die Seite des anonymen Verfassers, teils gratulierten sie uns zu dem Schachzug, den Brief auszustellen.“ Und auch die klassischen Medien berichteten in Print, Radio und Fernsehen über den Brief und seine Geschichte.

Eine weitere Kommunikation mit dem Urheber des neuen Exponats kam allerdings nicht zustande. In einem Presseinterview richtete sich Schubert direkt an den anonymen Autor und bot ihm eine exklusive Führung durch die Ausstellung an, um ihn vor Ort und vor dem Hintergrund historischer Pandemien vom Sinn und Nutzen der Schutzmaßnahmen zu überzeugen. Eine Reaktion steht bis heute aus, der Verfasser hat sich nicht zu erkennen gegeben. ‹


Medicus — Die Macht des Wissens
bis 13. Juni 2021
Historisches Museum der Pfalz, Speyer
www.medicus-ausstellung.de
#MedicusAusstellungSpeyer

Die Medicus-Ausstellung im Historischen Museum der Pfalz, die 5.000 Jahre Medizingeschichte abbildet und eigentlich schon im Juni 2020 enden sollte, wurde während der Sommermonate des vergangenen Jahrs um elf sogenannte „Corona-Stationen“ erweitert. Diese dreidimensionalen Installationen widmen sich unterschiedlichsten Aspekten der Pandemie, ziehen sich einmal quer durch die Ausstellung und docken an den Erzählstrang der ursprünglichen Inszenierung an.
Bildnachweis:
© Historisches Museum der Pfalz Speyer/Foto: Carolin Breckle

Historisches Museum der Pfalz Speyer

Das Historische Museum der Pfalz sowie das Junge Museum stehen für interessante Ausstellungen, informative Wissensvermittlung und unterhaltsame Veranstaltungen. Besondere Highlights sind die Sonderausstellungen, die mit ihren vielen interaktiven Angeboten und spannenden Exponaten zahlreiche Besucher auch von außerhalb der Region anlocken. Darüber hinaus bieten die Sammlungsausstellungen einen faszinierenden Einblick in die Geschichte der Region — von der Urgeschichte über die römische Antike bis in die Neuzeit.
AdresseHistorisches Museum der Pfalz Speyer // Domplatz 4 // 67346 Speyer // Telefon: 06232 13250 // E-Mail: info@museum.speyer.de
ÖffnungszeitenDienstag bis Sonntag 10–18 Uhr
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