Wilhelm-Hack-Museum

Scharfe Täuschung

› Eine Scheibe aus sechs Farbkreisen scheint um einen anthrazitgrauen Punkt zu pulsieren. Mit der von Marc Adrian im Jahr 1953 gemalten „Sprungperspektive“ eröffnet die Ausstellung über Op-Art, Kinetik und konkrete Kunst. Diese Strömungen bedienen sich verschiedenster Bilder, Wörter, Farben, Formen, Medien und Materialien. Mehr als 120 Gemälde und Objekte von rund 20 Künstlern wirken gleichzeitig verspielt und diszipliniert. Sowohl die Farben als auch die Effekte spielen mit der optischen Wahrnehmung und der jeweils individuellen Position von Künstler und Betrachter.

Verblüffende Täuschungen, wechselnde Perspektiven

Die Werkauswahl der Österreicher Helga Philipp, Marc Adrian, Richard Kriesche und Gerwald Rockenschaub wird in Ludwigshafen mit Arbeiten aus der hauseigenen Sammlung gezeigt. Das „erbärmliche Schattendasein“, wie Dieter Ronte es der konkreten österreichischen Kunst einmal bescheinigte, wird in „Abstract Loop“ spannend beleuchtet. Es ist eine leise und intellektuelle Kunst, die den Betrachter in die Rolle des Co-Regisseurs versetzt und ihm eine neue Rolle im künstlerischen Prozess zuweist. Die Künstler arbeiten mit verblüffenden optischen Täuschungen, sodass sich das vom Betrachter Wahrgenommene je nach Perspektive auf das Werk ändert. So gestaltet das Publikum mit.

Vexierspiel für den Betrachter

Die Arbeit von Helga Philipp aus dem Jahr 1966 (Abbildung) führt fast alle Merkmale dieser Kunstrichtung zusammen. Ein dreidimensionales, quadratisches Objekt: Auf dessen hinterer Fläche liegen rote Rechtecke und Rauten, in einigen Zentimetern Abstand auf einer Glasscheibe davor sind ähnliche Formen in Blau zu sehen. Steht der Betrachter dem Werk frontal gegenüber, ergibt sich ein dreifarbiges Bild mit perspektivischen Umspringeffekten. Mal scheint sich das ganze Bild in den Raum zu wölben, dann weicht sein Zentrum in die Tiefe zurück. Hinzu kommen unzählige kleinere Effekte, die Vier-, Sechs- und Achtecke suggerieren, die es jedoch gar nicht gibt. Bewegt sich der Betrachter oder ändert sich der Lichteinfall, antwortet ihm das Werk mit schillernder Bewegung auf der Bildoberfläche.

Kreis, Rechteck, Quadrat

Die Schau macht eine Revolution in der Kunst deutlich: Künstlerische Produktion wurde als visuelle Forschung begriffen. Diese untersuchte die virtuelle und reale Bewegung von Werk und Betrachter. Geometrische Grundformen — Kreis, Rechteck, Quadrat –, aber auch die Primärfarben Gelb, Rot, Blau waren häufig Ausgangspunkte für Kunstschaffende der optischen bzw. konkreten Kunst. Als Vorläufer dieser Entwicklung gelten die geometrischen Farbinteraktionen von Josef Albers, die räumliche Tiefe einbeziehen, wie dies etwa auch bei den dreidimensionalen Plexiglasmontagen von Helga Philipp geschieht. Gerwald Rockenschaub bezieht sich auf die reduzierte Formensprache dieser Moderne und überträgt sie in unsere Zeit.

Die Beschäftigung mit der Wahrnehmung optischer Phänomene und der Rolle des Betrachters im Raum ist zentral für die Arbeiten von Marc Adrian und Helga Philipp. Die geometrisch-präzisen und visuell-irritierenden Hinterglasmontagen von Adrian, aber auch Philipps Acrylglasobjekte sind eine Aufforderung an den Betrachter, den Standpunkt zu wechseln, um optische Veränderungen in den Werken zu erfahren. Der Betrachter wird so zum Schöpfer seiner eigenen Wahrnehmungserfahrungen. ‹

Abstract Loop
bis 23. Oktober 2016
Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen

Wilhelm-Hack-Museum

Wahrzeichen des Wilhelm-Hack-Museums ist seine Keramikfassade, die Joan Miró 1980 gestaltete. Heute gilt das Haus als das wichtigste Museum für die Kunst des 20. und 21.Jahrhunderts in Rheinland-Pfalz. Seine Schwerpunkte liegen auf der Klassischen Moderne, aber auch auf der konstruktiv-konkreten Kunst nach 1945. Profilierte Sonderausstellungen, Workshops und ein breit gefächertes Veranstaltungsprogramm machen das Museum zu einem kulturellen Zentrum von Ludwigshafen.
TerminSA 16. Juli bis SO 23. Oktober 2016
AdresseWilhelm-Hack-Museum // Berliner Straße 23 // 67059 Ludwigshafen // Telefon 0621 5043045 // E-Mail: hackmuseum@ludwigshafen.de
ÖffnungszeitenDienstag, Mittwoch & Freitag 11–18 Uhr // Donnerstag 11–20 Uhr // Samstag, Sonntag & Feiertage 10–18 Uhr
facebooktwitterg+Mail