Heidelberger Frühling Musikfestival

Auf der Suche nach der befreiten Zeit

› Das diesjährige Heidelberger Frühling Musikfestival lädt nicht nur zur Reflexion über Zeit und Musik ein, sondern auch zum „rauschhaften Eintauchen in drei Wochen Auszeit vom Alltag an Spielstätten in der ganzen Stadt“, wie es Intendant Thorsten Schmidt ausdrückt. Gerade darin, „einen Ort der Entschleunigung zu schaffen, einen Moment des Innehaltens“, sieht er die hochaktuelle Aufgabe des Festivals.

Einer der Höhepunkte ist die einzige Deutschlandaufführung eines Ausnahmeprojekts: Igor Levit, Weltpianist und Co-Künstlerischer Leiter des Festivals, bringt mit dem Budapest Festival Orchestra unter Iván Fischer an drei Abenden hintereinander alle fünf Klavierkonzerte von Sergej Prokofjew auf die Bühne des neuen Heidelberg Congress Center.
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    Große Namen, große Projekte — Igor Levit (oben) bringt gemeinsam mit Iván Fischer und dem Budapest Festival Orchestra alle fünf Klavierkonzerte von Sergej Prokofjew zur Aufführung. (Foto: Akos Stiller)
„Ein Traum geht in Erfüllung!“, zeigt sich Levit begeistert. „Ich wollte diese fünf Klavierkonzerte schon lange aufführen. Sie jetzt mit Iván Fischer und seinem Budapest Festival Orchestra realisieren zu können, ist ein doppeltes Glück.“ Den Pianisten verbindet eine vielfältige Beziehung mit den Stücken. Während er die ersten beiden Konzerte schon häufiger gespielt habe, erzählt Levit, habe er das dritte, das populärste von allen, erst einmal aufgeführt. „Da war ich 18 und habe es komplett in den Sand gesetzt — aber es hat irrsinnigen Spaß gemacht.“ Nummer 4 und 5 sind tatsächlich neu für Levit. „Das vierte wird fast überhaupt nicht gespielt, aber es gewinnt für mich immer mehr an Bedeutung“, berichtet Levit. „Es ist wirklich eines der großartigsten Werke von Prokofjew, das ich kenne.“ Vor jedem Konzert gibt Levit dem Publikum eine Einführung in den Abend.

Temperament und Melancholie

Mit Rolando Villazón ist ein weiterer Weltstar beim Festival zu Gast. Gemeinsam mit Xavier de Maistre an der Harfe bringt er Lieder aus seiner Heimat nach Heidelberg. Ihr Duoprogramm verbindet Arrangements traditioneller südamerikanischer Volksmusik mit Liedern dort beheimateter Komponist*innen. Von Villazóns ausdrucksstarker Stimme und de Maistres brillantem Harfenspiel lebt dieser Festivalabend voll Temperament und Melancholie.

Wer sich nach Entschleunigung sehnt, für den ist die Reihe mit Kammermusik um 17 Uhr wie geschaffen. Diese Konzerte laden in einem der schönsten Säle der Region für Kammermusik, der Aula der Alten Universität Heidelberg, zum Innehalten ein. Dabei kann man etwa dem jungen finnisch-kubanischen Pianisten Anton Mejias mit dem „Wohltemperierten Klavier“ von J. S. Bach begegnen. Oder dem Signum Quartett, das anlässlich des 30-jährigen Jahrestags des Endes der Apartheid beim Konzert „Mit Schubert nach Soweto“ den österreichischen Komponisten
mit zeitgenössischen südafrikanischen Kollegen kombiniert. Beim Konzert „In memoriam“ des Sitkovetsky Trios kommt ein Stück der ukrainischen Komponistin Lena Sierova auf die Bühne, das sie in Erinnerung an das Massaker in Butscha 2022 komponiert hat.

Schubert im Fokus

Gerade Franz Schubert mit seinen „himmlischen Längen“ ist beim Festival mehrfach zu hören. Zu Beginn des Festivals steht ein Schubert-Tag rund um Pianist Lukas Sternath und eine Riege an jungen Künstler*innen. Das Streichquintett, eines von Schuberts schönsten Werken, ist mit dem spanischen Cuarteto Casals und Cellist Eckart Runge zu erleben. Und seine „Riesenkammermusik“, das berühmte Oktett, wird von der Geigerin Veronika Eberle und ihren hochkarätigen Kammermusikkolleg*innen aufgeführt.

Neben Schubert steht mit Steve Reich ein weiterer Komponist im Fokus, der mit seiner Minimal Music ganz anders, aber genauso intensiv mit Zeit arbeitet. Der unverkennbare Minimal Sound von seinen „Different Trains“ wird vom Manchester Collective aus England in der CHAPEL aufgeführt. Reichs epochales Meisterwerk „Drumming“ wird mit Schlagzeuger Christoph Sietzen und seiner Band MOTUS Percussion eine ganze „Minimal Night“ im Karlstorbahnhof feiern.
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    die Violinistin Isabelle Faust (Foto: Felix Borde) gemeinsam mit dem Pianisten Alexander Melnikov einen Schumann-Abend bestreitet.
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    Der junge Pianist Lukas Sternath (Foto: Thomas Rabsch) ist gleich mehrmals beim Frühling vertreten, unter anderem beim Schubert-Tag.
Ein weiteres Highlight im Festivalprogramm sind die Konzerte des Festivalcampus-Ensembles des Heidelberger Frühling. Dazu gehört das LAB „Timing Materials“, bei dem die 13 Nachwuchskünstler*innen das Konzert der Zukunft ausloten. Darüber hinaus engagiert sich das Ensemble bei den re:start-Konzerten des Heidelberger Frühling. Dabei handelt es sich um Stadtteil-Konzerte bei freiem Eintritt, die Menschen niedrigschwellig durch Musik verbinden möchten. Ein ganz besonderes Experiment wird das re:start-Konzert im Collegium Academicum sein. Die jungen Musiker*innen werden die ganze Nacht über musizieren und das Publikum ist eingeladen, dabei die besondere Atmosphäre eines solchen „Schlafkonzerts“ auf sich wirken zu lassen.

Selbst musikalisch tätig werden dürfen große und kleine Besucher*innen beim Musiktag für alle — einem Tag voller Workshops, Mitmachangebote und Musik. Ein weiterer Höhepunkt ist das große Mitmachkonzert „Play-Along“, bei dem Menschen mit ersten Erfahrungen im Orchesterspiel dazu eingeladen sind, mit den Heidelberger Sinfonikern unter Johannes Klumpp zu musizieren. Apropos groß und klein, wer als Familie ins Konzert gehen möchte, kann das „Familienticket“ nutzen: Jedes Familienmitglied — maximal zwei Erwachsene und mindestens ein Kind ab 3 Jahren — zahlt nur die Hälfte des regulären Ticketpreises. Nehmen Sie sich also Zeit für Musik mit Ihren Liebsten! ‹


Heidelberger Frühling — Musikfestival
22. März bis 13. April 2025
Heidelberg Congress Center, Aulen der Universität Heidelberg, Karlstorbahnhof und weitere Locations in Heidelberg
www.heidelberger-fruehling.de
Bildnachweis:
Felix Broede

Heidelberger Frühling Musikfestival

das Heidelberger Frühling Musikfestival gilt laut Deutschlandradio als „eines der innovativsten Musikfestivals in Deutschland“ und zieht in über 100 Veranstaltungen mehr als 47.000 Besucher an. Neben hochkarätig besetzten Konzerten, innovativen Produktionen und Formaten gilt ein besonderes Augenmerk des Festivals der mit Heidelberg eng verbundenen Gattung des Liedes.
TerminSA 22. März bis SO 13. April 2025
AdresseInternationales Musikfestival Heidelberger Frühling gGmbH // Friedrich- Ebert-Anlage 50 // 69117 Heidelberg
SpielorteStadthalle Heidelberg und zahlreiche weitere Spielorte in Heidelberg
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