› Herr Laue, erfindet das Autorenteam die Nibelungen neu, ähnlich wie es Albert Ostermaier mit dem Stück „Glut“ im vergangenen Jahr getan hat?
Thomas Laue: Zaimoglu und Senkel sind näher am Grundmythos als Ostermaier, der für seine Trilogie und vor allem in „Glut“ eine komplett andere Geschichte als Grundlage genommen und darin den Nibelungenmythos gesucht hat. Das neue Stück beginnt dort, wo Hebbels „Nibelungen“ enden: am Hof von Etzel nach dem Gemetzel. Etzel sitzt inmitten von Blut. Er ist voller Trauer und in Agonie, doch es gibt noch den Schatz in Worms, auf den er einen Erbanspruch hegt. Daher macht er sich auf den Weg. In Worms trifft er nicht nur auf Brunhild, sondern auch auf die Eltern des grausam ermordeten Siegfrieds aus Xanthen. Sie beanspruchen den Schatz für sich. Herr Vontobel, Feridun Zaimoglu liebt ja die deutschen Mythen und Legenden. Inwiefern schlägt sich das im Text nieder?
Roger Vontobel: Die Autoren agieren sehr mutig, indem sie den Stoff in dieser archaischen Welt belassen. Was die Sprache anbelangt, spürt man eine große Liebe und auch einen großen Mut zu pathetischen Formulierungen. Sie haben keine Scheu vor Magie und haben das Bestreben, die großen Zusammenhänge nicht zu verkleinern und ins Heute zu übertragen, sondern in ihrer Wucht zu erfassen. Werden Sie dafür ein historisches Setting schaffen?
Nein. Die Kraft von Zaimoglu und Senkel besteht nicht darin, die Behauptung aufzustellen, dass Ritter umherrennen, sondern dass sie Konflikte in ihrer Größe ernst nehmen und die Traumata in ihrer Wucht belassen. Mit dem Bühnenbild docken wir an dieser Stelle an und holen die Menschen dort ab, wo sie sind. Es ist keine Geschichte, die irgendwann und irgendwo stattfindet, sondern genau hier vor dem Dom. Sie hat auch viel mit Worms zu tun und der Mythenverwaltung, die hier stattfindet. Sie haben beide bereits früher zusammengearbeitet. Was schätzen Sie aneinander?
Laue: Wir vertrauen uns sehr, sodass Inszenierungen auch während der Vorbereitung im Dialog entstehen. Als Regisseur ist Roger Vontobel jemand, der einerseits unglaublich modern erzählen kann und gleichzeitig dafür sorgt, dass eine Geschichte eine Geschichte bleibt. Dass sie einen Kern hat, der lebt und emotional ist und sich nicht alleine in Theorien verliert.
Vontobel: Unsere Arbeit hat etwas sehr Spezielles und Einzigartiges. Wir bewegen uns gemeinsam suchend — und nicht besserwissend — auf Stoffe zu. Im Dialog gelangen wir zu neuen Ufern, zu denen ich allein niemals kommen würde. Diese Symbiose ist für mich einzigartig. Herr Vontobel, Sie inszenieren zum ersten Mal in Worms. Was reizt Sie an den Nibelungen-Festspielen?
Vontobel: Ich habe bereits am Schauspielhaus Bochum Hebbels Nibelungen inszeniert. Den Gedanken, sozusagen die Nibelungen 2.0 fortzuführen und dabei einen Text von Zaimoglu und Senkel zu inszenieren, fand ich sehr spannend. Außerdem sind dieses Event, bei dem tolle Schauspieler aus verschiedenen Kontexten versammelt sind, und diese riesige Bühne, die bei Regen und Wind zu bespielen ist, eine schöne Herausforderung. Herr Laue, Sie waren lange Zeit als Chefdramaturg in Essen, Bochum und Köln tätig. Seit 2016 sind Sie im Team der Festspiele und seit dieser Saison der künstlerische Leiter. Was ist das Besondere daran, für dieses Festival zu arbeiten?
Laue: Ich habe als Chefdramaturg an einem Spielplan mit 15 bis 20 Premieren im Jahr mitgearbeitet. Jetzt geht es darum, dass wir einmal im Jahr eine Inszenierung machen. Ich finde das sehr faszinierend und beeindruckend, welche Sorgfalt und Genauigkeit und auch welche Liebe das Team vor Ort dieser Produktion zuteilwerden lässt wird. Das ist ein sehr besonderes und auch ein bisschen luxuriöses Arbeiten. ‹
Fotonachweise
Preview/Aufmacher: Tobias Rabsch (Vontobel), Tommy Hetzel (Laue)
Thomas Laue: Zaimoglu und Senkel sind näher am Grundmythos als Ostermaier, der für seine Trilogie und vor allem in „Glut“ eine komplett andere Geschichte als Grundlage genommen und darin den Nibelungenmythos gesucht hat. Das neue Stück beginnt dort, wo Hebbels „Nibelungen“ enden: am Hof von Etzel nach dem Gemetzel. Etzel sitzt inmitten von Blut. Er ist voller Trauer und in Agonie, doch es gibt noch den Schatz in Worms, auf den er einen Erbanspruch hegt. Daher macht er sich auf den Weg. In Worms trifft er nicht nur auf Brunhild, sondern auch auf die Eltern des grausam ermordeten Siegfrieds aus Xanthen. Sie beanspruchen den Schatz für sich. Herr Vontobel, Feridun Zaimoglu liebt ja die deutschen Mythen und Legenden. Inwiefern schlägt sich das im Text nieder?
Roger Vontobel: Die Autoren agieren sehr mutig, indem sie den Stoff in dieser archaischen Welt belassen. Was die Sprache anbelangt, spürt man eine große Liebe und auch einen großen Mut zu pathetischen Formulierungen. Sie haben keine Scheu vor Magie und haben das Bestreben, die großen Zusammenhänge nicht zu verkleinern und ins Heute zu übertragen, sondern in ihrer Wucht zu erfassen. Werden Sie dafür ein historisches Setting schaffen?
Nein. Die Kraft von Zaimoglu und Senkel besteht nicht darin, die Behauptung aufzustellen, dass Ritter umherrennen, sondern dass sie Konflikte in ihrer Größe ernst nehmen und die Traumata in ihrer Wucht belassen. Mit dem Bühnenbild docken wir an dieser Stelle an und holen die Menschen dort ab, wo sie sind. Es ist keine Geschichte, die irgendwann und irgendwo stattfindet, sondern genau hier vor dem Dom. Sie hat auch viel mit Worms zu tun und der Mythenverwaltung, die hier stattfindet. Sie haben beide bereits früher zusammengearbeitet. Was schätzen Sie aneinander?
Laue: Wir vertrauen uns sehr, sodass Inszenierungen auch während der Vorbereitung im Dialog entstehen. Als Regisseur ist Roger Vontobel jemand, der einerseits unglaublich modern erzählen kann und gleichzeitig dafür sorgt, dass eine Geschichte eine Geschichte bleibt. Dass sie einen Kern hat, der lebt und emotional ist und sich nicht alleine in Theorien verliert.
Vontobel: Unsere Arbeit hat etwas sehr Spezielles und Einzigartiges. Wir bewegen uns gemeinsam suchend — und nicht besserwissend — auf Stoffe zu. Im Dialog gelangen wir zu neuen Ufern, zu denen ich allein niemals kommen würde. Diese Symbiose ist für mich einzigartig. Herr Vontobel, Sie inszenieren zum ersten Mal in Worms. Was reizt Sie an den Nibelungen-Festspielen?
Vontobel: Ich habe bereits am Schauspielhaus Bochum Hebbels Nibelungen inszeniert. Den Gedanken, sozusagen die Nibelungen 2.0 fortzuführen und dabei einen Text von Zaimoglu und Senkel zu inszenieren, fand ich sehr spannend. Außerdem sind dieses Event, bei dem tolle Schauspieler aus verschiedenen Kontexten versammelt sind, und diese riesige Bühne, die bei Regen und Wind zu bespielen ist, eine schöne Herausforderung. Herr Laue, Sie waren lange Zeit als Chefdramaturg in Essen, Bochum und Köln tätig. Seit 2016 sind Sie im Team der Festspiele und seit dieser Saison der künstlerische Leiter. Was ist das Besondere daran, für dieses Festival zu arbeiten?
Laue: Ich habe als Chefdramaturg an einem Spielplan mit 15 bis 20 Premieren im Jahr mitgearbeitet. Jetzt geht es darum, dass wir einmal im Jahr eine Inszenierung machen. Ich finde das sehr faszinierend und beeindruckend, welche Sorgfalt und Genauigkeit und auch welche Liebe das Team vor Ort dieser Produktion zuteilwerden lässt wird. Das ist ein sehr besonderes und auch ein bisschen luxuriöses Arbeiten. ‹
Fotonachweise
Preview/Aufmacher: Tobias Rabsch (Vontobel), Tommy Hetzel (Laue)
Nibelungen-Festspiele
Seit 2002 finden die Nibelungen-Festspiele jährlich im Sommer als Open-Air-Theaterereignis vor dem Dom statt. Die Festspiele erreichen jährlich ein großes Publikum und bescheren der Stadt am Rhein eine hohe Aufmerksamkeit. Aber nicht nur die Aufführungen vor der Domkulisse machen die Festspiele zu einem einmaligen Kulturereignis: Auch das hochwertige Rahmenprogramm sowie der Heylshofpark, der zu Deutschlands schönsten Theaterfoyers zählt, lockt jedes Mal zahlreiche Besucher.
TerminFR 20. Juli bis SO 05. August 2018
AdresseNibelungen-Festspiele Worms // Von-Steuben-Straße 5 // 67549 Worms
SpielorteKaiserdom, Worms
Ticketswww.nibelungenfestspiele.de