Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Zu Tisch beim Kurfürsten

› „… wie ich Mannheim liebe, so liebt auch Mannheim mich …“, schrieb Wolfgang Amadeus Mozart am 12. November 1778 in einem Brief an seinen Vater, als er auf der Rückreise von Paris nach Salzburg ein weiteres (und letztes Mal) in Mannheim Station machte. Und Liebe geht bekanntlich auch durch den Magen. „Ich habe noch, so lange ich hier bin, nicht zu Hause gespeist, denn es ist recht das Geriß um mich …“, konstatiert er. So trifft Mozart in der Stadt viele alte Bekannte, erfährt den neuesten Klatsch und Tratsch und wird über die jüngsten Entwicklungen am Hof des Kurfürsten Carl Theodor unterrichtet. Allein was genau Mozart bei seinem Wiedersehen mit Mannheim gespeist hat, ist nicht überliefert. Einen guten Eindruck von den Tischsitten und gastronomischen Gewohnheiten in der Mannheimer Residenz zu Zeiten des Kurfürsten vermittelt die Schlossführung „ ... haben eingemachtes Kalbfleisch zum Mittagsmahl genommen“, die die Schlösser und Gärten Baden-Württemberg anlässlich des Themenjahres „Von Tisch und Tafel“ anbieten.

Die Bauchmajestäten des Barock

„Das 18. Jahrhundert war das Zeitalter der höfischen Tafel schlechthin“, erläutert die Schlossführerin. „Und auch Kurfürst Carl Theodor war ein hingebungsvoller Esser, einer der vielen Bauchmajestäten des Barock.“ Entsprechend aufwendig wurden die Mahlzeiten zelebriert, nicht nur im Kreise der Höflinge, sondern auch öffentlich. Die „öffentliche Hoftafel“, das „Offene-Tafel-Halten“ gehörte zu den höfischen Praktiken des Barock: Der Herrscher speist regelmäßig öffentlich, und ausgesuchte Untertanen schauen zu. Insgesamt kommt der Tischordnung am barocken Hof eine wichtige Bedeutung zu: Hier werden Hierarchien festgelegt und verfestigt. Auch Mozart ist davon betroffen — und keineswegs immer begeistert: „Ich habe doch wenigstens die Ehre, vor den Köchen zu sitzen“, schreibt er sarkastisch im März 1781 aus Wien, wo er im Gefolge des Salzburger Erzbischofs vorübergehend logiert, nicht ohne vorher alle aufzuzählen, die vor ihm an der Tafel sitzen: die „Leib- und Seelkammerdiener, Herr Kontrolleur, Herr Zetti, der Zuckerbäcker …“.

Lebende Aale im Spanferkel

Bei der Inszenierung der Tafel geht es dekadent und mitunter wenig zimperlich zu: Sehr beliebt an barocken Höfen, so die Schlossführerin, waren sogenannte Schaugerichte, die weniger dem kulinarischen Genuss als dem dramatischen Effekt dienten. Ein Beispiel dafür ist die Variante, bei der die Köche dem fertig gegarten Spanferkel eine Handvoll lebende Aale in den Bauch füllten, den Bauch dann zunähten und dem Ferkel einen Apfel ins Mauls stopften. Wenn das Ferkel der Tischgesellschaft präsentiert und der Apfel entfernt wurde, suchten sich die Aale unverzüglich den Weg aus dem heißen Inneren ins Freie. „Sehr zum Vergnügen der anwesenden Hofdamen“, wie die Schlossführerin trocken bemerkt. Ob dieses Schaugericht auch in Mannheim serviert wurde, ist nicht überliefert. Angesichts der Kunstsinnigkeit und Genussfreude Carl Theodors dürften solche Schaugerichte aber auch auf dem kurfürstlichen Speiseplan in Mannheim gestanden haben.

“ … alles frisst Fleisch"

Vater Leopold Mozart ist die kurpfälzische Kulinarik — in Verbindung mit der Vielfalt der Religionen, die hier neben- und miteinander leben — nicht geheuer, zumal sie seinen tiefkatholischen Gepflogenheiten widerspricht. „Die Fastenspeisen bekommt man sehr hart, sie machen solche auch sehr schlecht, denn alles frisst Fleisch“, schreibt er im Juli 1763 beim ersten Aufenthalt am kurpfälzischen Hof, der die Familie mit dem erst siebenjährigen „Wunderkind“ Wolfgang Amadeus in die Sommerresidenz nach Schwetzingen führt. Und Fleisch spielt in der Kurpfalz tatsächlich eine große Rolle. „Bis zu einem Pfund davon pro Tag erhält jeder Höfling“, erklärt die Schlossführerin. Gedeckt wird dieser stattliche Bedarf vor allem durch häufige Jagden in den damals noch ausgedehnten Wäldern um Mannheim und Schwetzingen.

Den großen Komponisten fechten die väterlichen Bedenken bei seinen späteren Aufenthalten nicht an. Er lässt es sich in Mannheim gutgehen, sodass der Vater ihn ermahnen muss, „keinen Exzeß zu machen“ und dass der Wein ihm „schädlich“ sei. Zu seinen Lieblingsgerichten gehören neben Rosinenkuchen und „Gefrorenem“ vor allem Leberknödel mit Sauerkraut. Und die werden ja bis heute in der Kurpfalz gerne serviert. ‹


Von Tisch und Tafel ...

... lautet das Motto des Themenjahres 2018 bei den Staatlichen Schlössern und Gärten Baden-Württemberg. 15 Schlösser, Klöster und Burgen beteiligen sich landesweit am Themenjahr: Schloss Favorite bei Rastatt, das Residenzschloss Ludwigsburg, Kloster und Schloss Bebenhausen, Kloster und Schloss Salem, die Schlösser von Bruchsal, Heidelberg, Mannheim, Schwetzingen und Tettnang, das UNESCO-Denkmal Kloster Maulbronn, die Festungsruine Hohenneuffen, die römische Badruine Hüfingen sowie das Stauferland mit dem Hohenstaufen, Kloster Lorch und der Stauferburg Wäscherschloss. Die feierliche Eröffnung des Themenjahres 2018 findet am 06. Mai in Kloster und Schloss Salem statt. Die Highlights des Jahres finden sich im Prospekt „Programmhöhepunkte im Themenjahr Von Tisch und Tafel 2018“.

Weitere Infos unter:
www.tisch-tafel-2018.de
www.schloesser-und-gaerten.de




Bildnachweis: LMZ B-W/Foto: Dirk Altenkirch

Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg

Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg öffnen, vermitteln, entwickeln und bewahren 59 der landeseigenen historischen Monumente im deutschen Südwesten. In der Metropolregion Rhein-Neckar ist die Verwaltung der Staatlichen Schlösser & Gärten für das Schloss Heidelberg, das Barockschloss Mannheim sowie Schloss und Schlossgarten Schwetzingen zuständig. Das Themenjahr 2018 steht unter dem Motto „Von Tisch und Tafel“ und lockt die Besucher mit vielen attraktiven Angeboten in die historischen Anlagen.
AdresseStaatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg – Zentrale // Schlossraum 22 a // 76646 Bruchsal // Telefon: 07251 742701 /E-Mail: info@ssg.bwl.de
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