Heidelberger Frühling Musikfestival

Lieben Sie Brahms?

› „Mit unserem umfassenden Brahms-Schwerpunkt tun wir 2024 etwas, was wir noch nie getan haben“, erklärt Intendant Thorsten Schmidt. „Und wir tun etwas, was für uns zur zentralen Aufgabe von Festivals gehört: dem Publikum die Möglichkeit zu geben, sich in einer Art ‚Tiefenbohrung‘ auf das Werk eines Komponisten einzulassen.“ Warum sich das mit einem vermeintlich Vielgespielten und -gehörten wie Johannes Brahms besonders lohnt? „Die Musik von Johannes Brahms ist so facettenreich, dass selbst Liebhaberinnen und Liebhaber immer wieder neue Seiten des Werkes entdecken können. Und genau das wollen wir mit unserem Schwerpunkt erreichen“, betont Schmidt. Ob Brahms-Fan oder nicht: Alle gemeinsam werden über die gesamte Heidelberger-Frühling-Festivalsaison die Gelegenheit haben, Freundschaft mit Brahms zu schließen oder sie zu vertiefen. Das gilt vor allem für seine Werke für Soloklavier und Kammermusik, die wohl am meisten Überraschungspotenzial bergen.

Igor Levit auf Entdeckungstour

Igor Levit, Weltpianist und Co-Künstlerischer Leiter des Musikfestivals, ist höchstpersönlich Teil dieser Entdeckungstour mit dem Publikum im Frühling. Er und eine kleine Gruppe exzellenter junger Musiker*innen — alle Fellows des Heidelberger Frühling — werden beim Festival zentrale Kammermusikwerke von Johannes Brahms gemeinsam einstudieren und in vier Konzerten aufführen. Das Spektrum reicht von Solowerken bis zum Klavierquartett, vom Duo an zwei Flügeln bis zum Klarinettentrio. In öffentlichen Proben kann das Publikum beim Arbeitsprozess mit Levit und den Fellows dabei sein. Levit ist außerdem noch in einem Solorezital sowie im Duo mit dem Geiger Renaud Capuçon und in einem Schulkonzert zu erleben.

Auf die Frage, was die Musik von Brahms in ihm auslöst, sagt Levit: „Diese Musik hat etwas so Haltendes und Umarmendes! Ich wünsche mir bei jedem Stück: ‚Bitte hör nie auf.‘“ Dabei habe er lange gebraucht, bis er bereit war für Brahms. Erst jetzt, mit Mitte 30, habe er die innere Ruhe dafür: „Ich habe das Gefühl, ich kann jetzt ruhiger atmen. Und plötzlich fühlt es sich richtig an. Einfach geschehen lassen. Dabei gibt es immer noch Stücke, vor denen ich einen Heidenrespekt habe.“
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    Bereit für Brahms – Igor Levit (Foto: Felix Broede) ist beim „Frühling“ bei insgesamt acht Konzerten zu erleben, genauso wie …
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    die Geigerin Patricia Kopatchinskaja (Foto: Marco Borggreve) oder …
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    … die Pianistin Schaghajegh Nosrati (Foto: Irene Zandel).
Allgemein gilt: Wer Brahms spielt, muss es wirklich wollen. Deshalb sind die Interpret*innen, vor allem die am Klavier, ausgesprochen interessante Persönlichkeiten, die es sehr ernst meinen mit ihrer Kunst. Beim Heidelberger Frühling Musikfestival 2024 wird das gesamte Soloklavierwerk von Johannes Brahms zu hören sein — alle Werke zu zwei und zu vier Händen. Sie sind fast durchweg handwerklich richtig schwer, verzichten aber komplett auf Virtuosen-Effekte, brillante Showeinlagen und sonstiges Dekorum. Harte Arbeit ohne Bravo-Garantie sozusagen. Hier ist der Performer Brahms zu erleben, man spürt quasi die kraftvolle Hand des Meisters, seine eigene Körperlichkeit als Musiker, seinen Muskeltonus. Brahms, so wird deutlich, muss ein außerordentlich talentierter Pianist gewesen sein, der erstaunliche technische und gestalterische Möglichkeiten hatte, der sich aber schon früh vor allem als Komponist verstand. Die Klavierwerke sind vielleicht gerade deswegen eine große Herausforderung für Pianist*innen, physisch wie mental.

Gewinner und Geheimtipps

Der rund 21 Werke und Werkgruppen für Soloklavier nimmt sich eine wohl kuratierte Auswahl von international renommierten Pianist*innen an: Schaghajegh Nosrati etwa, die junge, persisch-stämmige Pianistin aus Bochum, die vor allem mit ihren wunderbaren Bach-Interpretationen bekannt geworden ist. Oder Lukas Sternath, Igor Levits Meisterschüler, Gewinner des ARD-Wettbewerbs 2022. Jonathan Plowright, der Brite, ist einer der ganz wenigen Pianisten heute, die das pianistische Gesamtwerk eingespielt und öffentlich aufgeführt haben. Während er in der Londoner Wigmore Hall ein Publikumsliebling ist, gilt er hierzulande noch als echter Geheimtipp. Anton Gerzenberg, Gewinner des Géza-Anda-Wettbewerbs, kommt zusammen mit seiner Mutter, der legendären Pianistin Lilya Zilberstein, langjährige Duo-Partnerin von Martha Argerich. Sie beide spielen die Ungarischen Tänze zu vier Händen.

Konzerte in den Stadtteilen

Weitere Highlights im Festivalprogramm sind sicherlich der Liederabend mit Starbariton Thomas Hampson und den „Vier ernsten Gesängen“ von Johannes Brahms, einem berührenden Spätwerk. Ebenso die temperamentvolle Geigerin Patricia Kopatchinskaja mit der Camerata Bern und ihrem hochaktuellen Programm „Exile“. Das Festivalcampus-Ensemble des Heidelberger Frühling Musikfestivals aus 13 Nachwuchsmusiker*innen stößt mit dem „Brahms.LAB“ das Tor zur Zukunft auf. Sie entwickeln und gestalten mehrere eigene Konzertprogramme, unter anderem auch für das re:start-Programm mit neun Stadtteil-Konzerten bei freiem Eintritt. Und wer als Familie ins Konzert gehen möchte, kann das „Familienticket“ nutzen, das seit letztem Jahr gilt: Jedes Mitglied der Familie (maximal zwei Erwachsene, mindestens ein Kind ab drei Jahren bis Ende der Schulzeit) zahlt nur die Hälfte des regulären Ticketpreises. Also auf ins Brahms-Abenteuer! ‹


Heidelberger Frühling Musikfestival
15. März bis 13. April 2024
Aulen der Universität Heidelberg, Dezernat 16 und weitere Locations in Heidelberg
www.heidelberger-fruehling.de
Bildnachweis:
Der iranische Künstler Hadi Karimi hat auf Grundlage von historischen Fotografien ein 3D-Rendering von Johannes Brahms erschaffen. Es zeigt ihn um das Jahr 1860.

Heidelberger Frühling

Der Heidelberger Frühling gilt laut Deutschlandradio als „eines der innovativsten Musikfestivals in Deutschland“ und zieht in über 100 Veranstaltungen mehr als 47.000 Besucher an. Neben hochkarätig besetzten Konzerten, innovativen Produktionen und Formaten gilt ein besonderes Augenmerk des Festivals der mit Heidelberg eng verbundenen Gattung des Liedes.
TerminFR 15. März bis SA 13. April 2024
AdresseInternationales Musikfestival Heidelberger Frühling gGmbH // Friedrich- Ebert-Anlage 50 // 69117 Heidelberg
SpielorteStadthalle Heidelberg und zahlreiche weitere Spielorte in Heidelberg
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