Deutsches Verpackungsmuseum

Gut verpackt

„Erst die Schrift gibt der Sprache ein Gesicht.“ So lautet das Motto, das über der aktuellen Sonderausstellung im Heidelberger Verpackungsmuseum steht. Es geht um die sogenannte Neue Typografie, die im Umfeld des Bauhauses entstand und im Zuge derer auch eine minimalistische Schrift entstand, bei der die Buchstaben geradezu skelettiert sind. In den Glasvitrinen des Museums kann man sie mit den extrem verspielten Varianten des Jugendstils vergleichen. Zu deren Blütezeit stapelten sich in den Ladenregalen Schachteln und Dosen mit verschnörkelten Aufschriften.

Stilbildende Typografie

Vor 100 Jahren war Schluss damit. 1923 rief der Bauhaus-Künstler László Moholy-Nagy die Buchstaben-Revolution aus. Die neuen Schriftarten waren schlicht und ohne die Schnörkel der kaligrafischen Formgebung. „Die Schriften auf den Verpackungen und Plakaten sollten gut lesbar sein“, sagt Florian Schmidgall, Mitarbeiter des Verpackungsmuseums. Er hat Museumsleiter Hans-Georg Böcher beim Kuratieren der Ausstellung unterstützt. Die Schau zeigt anhand von zahlreichen Exponaten, wie sich die Werbeschriften von den verspielten Signets des Jugendstils zum reduzierten Bauhausstil wandelten. Dieser ist bis heute stilbildend — etwa bei Marken wie WMF, Apple oder Chanel.

20.000 historische Verpackungen

Viele der Exponate hat das Privatmuseum eigens für die Präsentation auf Auktionen ersteigert. Ein anderer Teil stammt aus Böchers Sammlung von rund 20.000 historischen Verpackungen. Damit bestückt er auch die Dauerausstellung des Museums, das 1997 in einer ehemaligen Kirche in der Altstadt eröffnet hat. Für die Mission des Kunsthistorikers und Volkskundlers Böcher bietet sie einen stimmungsvollen Rahmen. „Verpackungen sind ein Spiegel der Gesellschaft und Ausdruck des Lebensgefühls“, sagt er. Sein Haus spricht ein breites Publikum an — von Grundschulkindern bis zu Professor*innen. Schließlich verbinden alle etwas mit den Kartonagen, Flaschen und Blechdosen und sei es nur die Kindheitserinnerung an die gelb-roten Maggi-Flaschen, die früher auf keinem Wirtshaustisch fehlten.

Mit Verpackungen ist es wie mit gutem Wein: Je älter und seltener sie sind, desto wertvoller werden sie. Der größte Schatz der Sammlung ist ein Blechetui, in dem auf der Titanic Zigaretten verkauft wurden. Sein Wert liegt zwischen 25.000 und 30.000 Euro. Da stören auch ein paar Kratzer nicht.

Deutsches Verpackungsmuseum
Ausstellung: „100 Jahre Neue Typographie“, bis Ende 2023
Heidelberg
www.verpackungsmuseum.de

Deutsches Verpackungsmuseum

Seit der Eröffnung im Jahr 1997 stellt das Deutsche Verpackungsmuseum in Heidelberg als erstes und einziges Museum seiner Art die Kulturleistung der Verpackung in den Mittelpunkt — insbesondere die der traditionsreichen Marken und ihrem unverkennbaren, eigenen Verpackungsdesign. Zu den Mitgliedern des Museums zählen unter anderem Markenartikler wie Beiersdorf, Coca-Cola, Dr. Oetker, Ferrero oder Nestlé.
AdresseDeutsches Verpackungsmuseum // Hauptstraße 22 (Innenhof) // 69117 Heidelberg // Telefon 06221 21361 // E-Mail: info@verpackungsmuseum.de
ÖffnungszeitenMittwoch bis Freitag 13–18 Uhr // Samstag, Sonntag, Feiertage (außer Weihnachten) 11–18 Uhr
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