International Science Festival — Geist Heidelberg

Abenteuer Wissenschaft

› Können wir den Tod überwinden? Was sind die Energiequellen der Zukunft? Warum ist Weltraummüll gefährlich? Beim jährlichen International Science Festival — Geist Heidelberg des DAI Heidelberg präsentieren renommierte Wissenschaftsexpert*innen neueste Erkenntnisse aus Bereichen wie Neurowissenschaften, Künstlicher Intelligenz, Biologie, Philosophie oder Astronomie und treten mit dem Publikum in einen Dialog über die drängenden Fragen unserer Zeit.

Das Themenspektrum des diesjährigen Festivals reicht vom ganz Kleinen bis zum unendlich Großen: Während der Mikrobiologe und Nobelpreisträger Aaron Ciechanover über die „Müllabfuhr“ in unseren Zellen spricht und die Chancen sowie bioethischen Fragen von personalisierter Medizin erklärt, richtet die Kosmologin Conny Aerts ihren Blick in die Sterne. Durch astroseismologische Methoden, also Schwingungsmessungen, erfährt sie, wie das Innere der Sterne aussieht. Weitere Geheimnisse des Alls lüftet Mark McCaughrean mit den neuesten Bildern des James-Webb-Weltraumteleskops. Holger Krag, Experte der European Space Agency (ESA), geht indes auf die Folgen des Weltraummülls ein, der um die Erde schwebt und unsere Infrastruktur im All bedroht.

Schönheit und Evolution

Darüber hinaus präsentiert das Wissenschaftsfestival neue Forschungsergebnisse aus der Biologie. So wirft die National-Geographic-Korrespondentin Lucy Cooke einen frischen und feministischen Blick auf die Evolutionsgeschichte. Kannibalistische Gottesanbeterinnen und Lemurenweibchen, die die Männchen dominieren, sind dort genauso Thema wie Albatrosweibchen, die gemeinsam ihren Nachwuchs großziehen. Beispiele aus der Tierwelt, die zeigen, dass wir unser Bild von Weiblichkeit und Sexualität revidieren müssen. Die Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard eröffnet ebenfalls neue Perspektiven auf die Evolutionsbiologie. Sie weist nach, dass neben Darwins Theorie „Survival of the fittest“ die Schönheit im Tierreich ebenso überlebenswichtig ist. Neben den Tieren werden auch der Mensch und seine Geschichte unter die Lupe genommen. Der Molekularbiologe Henrik Kaessmann untersucht, ob der Ursprung des Menschen ein genomischer Zufall war, und der Paläontologe Johannes Krause erläutert, wie man durch Analysen prähistorischen Genmaterials die Völkerwanderungsbewegung nachzeichnen kann.

Plädoyer für eine strikte Regulierung von KI

Einen weiteren Festivalschwerpunkt bildet die Künstliche Intelligenz: Surjo R. Soekadar, Deutschlands erster Professor für Klinische Neurotechnologie, erklärt, wie gelähmte Patient*innen mit ihren Gedanken Roboter steuern und so wieder selbstbestimmt leben können. Doch solche Technologien könnten in Zukunft auch missbraucht werden. Der Hirnforscher Manfred Spitzer warnt vor den fatalen Folgen, die der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Medizin, Politik oder Militär haben kann, und plädiert für eine strikte Regulierung.

Auch in der Philosophie wirft die Digitalisierung unserer Welt zunehmend Fragen auf: Durch psychotherapeutische Unterstützung in Form von Chatbots oder das Metaversum als „second life“ verschwimmt die Grenze zwischen Sein und Schein immer weiter. Beim Symposium „Realität & Virtualität“ diskutieren Expert*innen wie der Heidelberger Philosoph Thomas Fuchs und die Schriftstellerin und Regisseurin Doris Dörrie die gesellschaftlichen Konsequenzen dieser Entwicklung.
  • geist heidelberg international science festival dai Mai Thi Nguyen-Kim
    Bekannte Gesichter: die Wissenschaftsjournalistin und TV-Moderatorin Mai Thi Nguyen-Kim ist ebenso bei Heist Heidelberg zu Gast …
  • geist heidelberg international science festival harald lesch
    … wie Harald Lesch, seines Zeichens Astrophysiker, Naturphilosoph, Wissenschaftsjournalist, Fernsehmoderator und Hörbuchsprecher.
Die komplexe Welt verständlich zu machen — diesem Ziel hat sich das Wissenschaftsfestival verschrieben. In Zeiten, in denen Diskurse über Klimawandel oder Corona-Pandemie zunehmend polarisieren und das Vertrauen in die Wissenschaft weiter schwindet, gilt der Austausch zwischen Forschung und Gesellschaft als wichtiger denn je. Zwei der bekanntesten Wissenschaftsvermittler*innen Deutschlands widmen sich daher dem aktuellen Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft: Harald Lesch erklärt, warum das Misstrauen gegenüber der Wissenschaft unsere gesellschaftliche Zukunft gefährdet, und Mai Thi Nguyen-Kim widmet sich der Frage, wie eine öffentlichkeitswirksame Wissenschaftskommunikation ohne Polarisierung gelingen kann.

„Geist Heidelberg trägt dazu bei, indem es einen geschützten Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft ermöglicht und dringend notwendigen Debatten eine Plattform gibt“, betont DAI-Programmdirektor Jakob Köllhofer. Das Festival möchte Wissenschaft außerhalb des Elfenbeinturms als lebendig, nahbar und begeisternd erfahrbar machen. ‹

International Science Festival — Geist Heidelberg
18. Oktober bis 15. Dezember 2024
DAI Heidelberg, Neue Aula der Universität
www.geist-heidelberg.de


»Die komplexe Welt verständlich machen«

DAI-Programmdirektor Jakob Köllhofer hat Geist Heidelberg vor 14 Jahren ins Leben gerufen. Im Interview erklärt er, warum es wichtig ist, Wissenschaft erlebbar zu machen.

Herr Köllhofer, was war vor 14 Jahren Ihre Inspiration für das Festival?
Mit dem Aufstieg der sozialen Medien wurde das unbegründete Reden Mode. Da sich das DAI für die Demokratie einsetzt, war es selbstverständlich, dass
wir unserem Publikum das begründete Reden der Wissenschaften anbieten.

Geist Heidelberg hat sich als eines der wichtigsten Wissenschaftsfestivals etabliert. Was sind die Erfolgskriterien?
Beim Festival wird die komplexe Welt verständlich. An allen Fronten unseres täglichen Lebens lauert die Gefahr der Vereinfachung. Auch die Verbindung von Geistes- und Naturwissenschaften ist einzigartig: Selbst unser Gehirn verbindet beide Hirnhälften. Es ist sinnvoll, beiden Hemisphären eine wechselseitige Auseinandersetzung zu ermöglichen.

In den letzten Jahren ist das gesellschaftliche Vertrauen in die Wissenschaften gesunken. Was kann Geist Heidelberg dazu beitragen, diese prekäre Entwicklung aufzuhalten?
Wie sich bei unserer Arbeit zeigt, hilft die versachlichende Atmosphäre des Festivals bei der Begegnung und dem lebhaften Austausch mit dem Publikum. Auf diese Weise werden die dringend nötigen Debatten wieder möglich.

Haben Sie Programm-Tipps, die man auf keinen Fall verpassen darf?
Lucy Cooke justiert Darwins Evolutionstheorie durch einen feministischen Blick neu. Außerdem bewegt uns das Menschheitsthema Müll: Aaron Ciechanover spricht über den Protein-Müll, der im Körper bei der Zellteilung anfällt. ESA-Experte Holger Krag warnt vor dem Weltraummüll, der um unsere Erde kreist.
Bildnachweis:
istockphoto, Bearbeitung: Raum Mannheim

Geist Heidelberg – International ­Science Festival

Das International Science Festival — Geist Heidelberg ist die europäische Antwort auf das New Yorker World Science Festival. Es richtet sich an die breite Öffentlichkeit und bringt alljährlich Spitzenkräfte der nationalen und internationalen Forschung nach Heidelberg. Im Verlauf von mehreren Wochen diskutieren renommierte Wissenschaftler, bekannte Autoren und Vertreter anerkannter Institutionen mit einem Publikum aus interessierten Laien und Experten die drängenden Fragen unserer Zeit. Das Festival steht für wissenschaftliche Aufklärung und Bildung, die Vielfalt der Forschung und eine demokratisch engagierte Gesellschaft.
TerminFR 18. Oktober bis SO 15. Dezember 2024
AdresseDAI Heidelberg – Das Haus der Kultur // Sofienstraße 12 // 69115 Heidelberg // Tel.: +49 (0) 6221 60730
  • Das sollten Sie nicht verpassen

    Eva Illouz — Was es bedeutet, links zu sein — In der aktuellen Israel-Debatte um Zionismus und Antisemitismus wagt die Soziologin Eva Illouz beim Festival-Finale eine Standortbestimmung der progressiven Linken.
    15. Dezember 2024, 17 Uhr, DAI Heidelberg
  • Das sollten Sie nicht verpassen

    Patrick Cramer — Zukunftswelten. Der Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Patrick Cramer, hat vor seinem Amtsantritt alle 84 Max-Planck-Institute besucht und gewährt zur Festival-Eröffnung exklusive Einblicke in die Wissenschaft von morgen.
    18. Oktober 2024, 20 Uhr, DAI Heidelberg
  • Das sollten Sie nicht verpassen

    Peter Hegemann — Begründer der Opto­genetik — Als der Biophysiker Peter Hegemann untersuchte, wie Algen auf Licht rea­gieren, war nicht absehbar, dass er damit Hirnforscher*innen ein neues Werkzeug an die Hand geben würde. Heute gilt er als einer der Begründer der Optogenetik, einer Technik, die den „Blick ins Gehirn“ öffnet und Blinden in Zukunft (wieder) zum Sehen verhelfen könnte.
    14. November 2024, 20 Uhr, DAI Heidelberg
  • Das sollten Sie nicht verpassen

    Vier Nobelpreisträger*innen bei Geist Heidelberg – Der Biologe Venki Ramakrishnan (Foto) spricht über die Möglichkeit des ewigen Lebens, der Chemiker Benjamin List stellt die Katalyse als bedeutendste Technologie für die Menschheit vor, die Biologin Christiane Nüsslein-Volhard erklärt, warum Schönheit in der Tierwelt überlebenswichtig ist, und der Biochemiker Aaron Ciechanover gibt Einblicke in die Möglichkeiten personalisierter Medizin.
    Venki Ramakrishnan, 25. Oktober 2024, 20 Uhr, DAI Heidelberg
    Benjamin List, 07. November 2024, 20 Uhr, DAI Heidelberg
    Christiane Nüsslein-Volhard, 17. November 2024, 17 Uhr, DAI Heidelberg
    Aaron Ciechanover, 30. November 2024, 20 Uhr, DAI Heidelberg
facebooktwitterg+Mail