Künstlerinnen im Fokus: Gerade noch präsentierte das Wilhelm-Hack-Museum die vergessenen Pionierinnen der geometrischen Abstraktion, während in der Rudolf-Scharpf-Galerie Kunstwerke zu sehen waren, die im Rahmen eines Mentoring-Programms entstanden sind, bei dem Nachwuchskünstlerinnen und etablierte Künstlerinnen in Tandems in Austausch kamen. Nun ist der Deutsche Künstlerbund anlässlich seines 75-jährigen Bestehens nach der Wiedergründung zu Gast mit einer Jubiläumsschau, bei der ebenfalls Künstlerinnen im Mittelpunkt stehen. „Die Ausstellung ‚Our Voices‘ steht im Zusammenhang mit einem zweijährigen Rechercheprojekt des Deutschen Künstlerbundes und des Kunst-Mentorings des Kulturbüros Rheinland-Pfalz mit dem Ziel, die Bedingungen für Gleichstellung und Sichtbarkeit von bildenden Künstlerinnen zu verbessern“, erklärt Almut Hüfler, Kuratorin der Ausstellung. „Denn trotz aller positiven Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und stärkerer Wahrnehmung von Frauen im Kunstbetrieb bestehen in Deutschland auch im Jahr 2025 noch signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern hinsichtlich Bezahlung, Sichtbarkeit in Ausstellungen und Repräsentation in Galerien und Sammlungen.“Es geht also nicht darum, einmalig das Scheinwerferlicht auf Künstlerinnen zu richten. Vielmehr soll die Kontinuität im Schaffen von Künstlerinnen gezeigt sowie ausgeklammerte Themen und Sichtweisen in den Blick gerückt werden. Der Ausstellungstitel ist so auch inspiriert von der Forschung der amerikanischen Sozialpsychologin Carol Gilligan. Vor gut vierzig Jahren beschrieb sie in ihrem vielbeachteten Werk „In a Different Voice“ (1982) nach Interviews mit Mädchen eine andere Stimme, die eine Ethik der Fürsorge und der Kollaboration vertrat. In ihrer jüngsten Publikation „In a Human Voice“ (2023) beschreibt sie diese, bis dahin mit Weiblichkeit assoziierte Stimme als eine Haltung, die unabhängig vom Geschlecht in allen Menschen angelegt ist und die über Hierarchien und die Opposition der Geschlechter hinausweist. Die künstlerischen Strategien, die die Ausstellung sichtbar macht, lassen sich mit Gilligans Human Voice in Beziehung setzen: Kollaboration, (Selbst)Fürsorge, Perspektivwechsel, Sanftheit, Humor — und Aktivismus.
Inhaltlich fragt „Our Voices“ nach dem Verhältnis des Privaten und Politischen, beleuchtet den Umgang mit Mutterschaft und Care-Arbeit und zeigt Arbeiten, die Machtverhältnisse und strukturelle Gewalt reflektieren. Zahlreiche künstlerische Positionen nehmen zudem auf die Geschichte des jahrzehntelangen Kampfes um Gleichstellung Bezug — und auf die Sichtbarkeit von Künstlerinnen. Gleichzeitig bietet „Our Voices“ Einblicke in unterschiedliche Phasen weiblicher Kunstgeschichte in Deutschland zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Gegenwart. 24 Positionen — mit dabei sind unter anderem Werke von Hannah Höch, Niki de Saint Phalle und Alicja Kwade — spannen einen Bogen über fünfundsiebzig Jahre Kunstschaffen. Die Ausstellung zeigt neben Leihgaben der Künstlerinnen auch Werke aus privaten Sammlungen und der Sammlung des Wilhelm-Hack-Museums, die noch nie oder lange nicht öffentlich zu sehen waren. Damit entsteht ein eindrückliches Bild, das illustriert: Immer schon — nebenbei bemerkt sogar schon bei der Erstgründung im Jahr 1903 — war der Künstlerbund, auch ein Künstlerinnenbund. ‹Our Voices. Auf den Spuren Bildender Künstlerinnen. 75 Jahre Deutscher Künstlerbund
bis 14. September 2025
Wilhelm-Hack-Museum
wilhelmhack.museum
bis 14. September 2025
Wilhelm-Hack-Museum
wilhelmhack.museum
Bildnachweis:
Bettina Semmer, The Door, 1992EVA & ADELE , TARGET Violet, 2011
Wilhelm-Hack-Museum
Wahrzeichen des Wilhelm-Hack-Museums ist seine Keramikfassade, die Joan Miró 1980 gestaltete. Heute gilt das Haus als das wichtigste Museum für die Kunst des 20. und 21.Jahrhunderts in Rheinland-Pfalz. Seine Schwerpunkte liegen auf der Klassischen Moderne, aber auch auf der konstruktiv-konkreten Kunst nach 1945. Profilierte Sonderausstellungen, Workshops und ein breit gefächertes Veranstaltungsprogramm machen das Museum zu einem kulturellen Zentrum von Ludwigshafen.
Terminbis 14. September 2025
AdresseWilhelm-Hack-Museum // Berliner Straße 23 // 67059 Ludwigshafen // Telefon 0621 5043045 // E-Mail: hackmuseum@ludwigshafen.de
ÖffnungszeitenDienstag, Mittwoch & Freitag 11–18 Uhr // Donnerstag 11–20 Uhr // Samstag, Sonntag & Feiertage 10–18 Uhr