› Es ist eine unscheinbare Hofeinfahrt, die man passieren muss, um auf einer gepflasterten Straße ins Innere des Quadrats G7 zu gelangen, in dem das Theaterhaus G7 seit 1989 residiert. „Wir sind das am besten versteckte Theater Mannheims“, sagt Inka Neubert, Co-Leiterin des Hauses. „Umso größer ist dann die Überraschung, eine solche Oase mitten in der Stadt zu entdecken.“

Versteckt ja, aber unbekannt ist das Haus nicht. Spätestens seit seiner Professionalisierung im Jahr 2016 gehen hier internationale Autor*innen der Theaterszene ein und aus. Uraufführungen und Erstaufführungen sind eher Regel als Ausnahme, denn das Haus setzt konsequent auf zeitgenössische Stoffe. Dafür wurde es im Jahr 2021 mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnet.

Provinz, Empowerment und Weltuntergang

Am deutlichsten wird der Anspruch auf Aktualität bei „Stück für Stück“, dem jährlich stattfindenden Wochenende für Neue Dramatik, das im November zum dritten Mal stattfindet. An drei Tagen werden sechs neue Stücke präsentiert. In szenischen Lesungen und Miniaturinszenierungen erwachen die Texte zum Leben. „Thematisch bewegen wir uns in diesem Jahr zwischen Coming-of-Age-Geschichten in der Provinz, psychischer Krankheit, Empowerment und Weltuntergang. Was die Stücke verbindet, ist, dass sie Themen aufgreifen, die für unsere heutige Zeit relevant sind“, sagt Co-Leiter Pascal Wieandt.

„Stück für Stück“ lebt dabei vom Entwurf. „Hier können wir Texte und Ideen ausprobieren“, erklärt Wieandt. Der Auftrag für die Teams aus etablierten Theatermenschen und Nachwuchskünstler*innen lautet: innerhalb einer Woche eine Inszenierung zu skizzieren. „Kostüme, Bühnenbild, Videos und Licht — alles ist möglich.“ Dass die Schauspieler*innen auf der Bühne ihren Text in der Hand halten, macht das Ganze noch spannender. „Das Publikum erlebt mit jedem Stück ein Experiment“, sagt Wieandt.

Zuhören und nachdenken

Auf dem Festival tummeln sich in entspannter Atmosphäre zahlreiche Gäste der internationalen Theaterszene. Nach jeder Lesung gibt es ein Gespräch mit den Autor*innen und Besucher*innen. Den beiden Leiter*innen liegt das offene Gespräch über die Stücke und ihre Themen besonders am Herzen. „Uns geht es bei unserer Arbeit nie darum, das Publikum zu belehren“, erklärt Neubert. „Wir wollen einen Raum bieten, in dem man sich ohne Bedenken äußern kann, in dem wir einander zuhören und gemeinsam darüber nachdenken, was die Welt, in der wir leben, ausmacht.“ Damit leistet das Theaterhaus auch einen wichtigenBeitrag zur Demokratie.

So ist das Theaterhaus weit mehr als eine Bühne. Im gemütlichen Foyer und dem verwunschenen Hofgarten, in Nachbarschaft zum Marktplatz und zum Ausgehviertel Jungbusch, aber eben doch fernab vom Trubel haben Neubert und Wieandt einen Ort geschaffen, der so einladend und freundlich erscheint, dass man am liebsten noch lange nach der Vorstellung bei einer Schorle zusammensitzen möchte, um über die Welt und das Theater zu diskutieren. ‹


Stück für Stück — Plattform für internationale Neue Dramatik
15. bis 17. November 2024
Theaterhaus G7, Mannheim
www.theaterhausg7.de