Schlösser und Gärten Hessen

Als die Renaissance in den Odenwald kam

› Strahlend weiß mit roten Akzenten — Schloss Lichtenberg erhebt sich majestätisch über der malerischen Landschaft des Vorderen Odenwalds. Der vierflügelige Bau, der heute zur Gemeinde Fischbachtal gehört, ist seit Jahrhunderten eine unverwechselbare und weithin sichtbare Landmarke. Der ursprünglich unbewaldete, „lichte“ Hügel erschien den Grafen von Katzenelnbogen Anfang des 13. Jahrhunderts als idealer Standort für ihre Burg „uff dem lichten Berge“ — mit freiem Blick auf die Umgebung. Die territorialpolitische Bedeutung von Lichtenberg in dem von Kleinstaaterei geprägten Odenwald war damals so groß, dass sich Dieter IV. von Katzenelnbogen ab 1228 Graf von Lichtenberg nannte.

Die Grafen von Katzenelnbogen

Einige Jahre nachdem im 15. Jahrhundert auf der Nordseite der Kernburg das Schloss der Grafen von Katzenelnbogen — später „altes Schloss“ genannt — entstand, starb 1479 der letzte männliche Vertreter der Familie. Über Anna von Katzenelnbogen, die 1458 in das Haus Hessen eingeheiratet hatte, fielen Grafenwürde und Territorium an die Landgrafschaft Hessen. Daher nannte sich der hessische Landgraf auch Graf von Katzenelnbogen. Diesen Titel mitsamt dem Gebiet der ehemaligen Obergrafschaft Katzenelnbogen erbte 1567 Georg von Hessen, jüngster der legitimen Söhne Philipps des Großmütigen. Dieser hatte in seinem Testament die Vierteilung seines Landes bestimmt und verfügt: „Georg soll haben die Schlösser, Städte und Ämter Rüsselsheim, Dornberg, Darmstadt, Lichtenberg, Reinheim, Zwingenberg, Auerberg und was mehr in der Obergrafschaft liegt und dazu gehört.“

Vom Bauerndorf zur Residenzstadt

Das Ländchen, das der erst 19-jährige Landgraf von Hessen-Darmstadt nun regierte, war überschaubar. Nichtsdestotrotz begann der junge Regent zielstrebig, seine neue Hauptstadt von einer dörflichen Ackerbürger- in eine standesgemäße Residenzstadt umzuwandeln. Die Ambitionen des neuen Landgrafen gingen schon bald über die Grenzen Darmstadts hinaus in Richtung Odenwald: 1570 beauftragte er seinen Hofbaumeister Jakob Kesselhut mit dem Umbau des bis dahin als Speicher genutzten Ostflügels von Schloss Lichtenberg zu einem Wohnflügel. Bereits ein Jahr später waren Bau und Ausstattung fertig. Im Erdgeschoss wurde die Schlosskirche eingerichtet. Noch heute zeigt sie die Inschrift „1571 VDMIAe“, die für den Leitspruch der Reformation steht: Verbum Domini Manet In Aeternum — das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. Er war auch das Bekenntnis von Georgs Vater, Philipp dem Großmütigen, der nach seinem Übertritt zum Protestantismus 1524 zu einem der Vorkämpfer der lutherischen Bewegung avanciert war.
  • staatliche schlösser gärten hessen burg schloss lichtenberg katzenelnbogen fischbachtal kappelle
    Verbum Domini Manet In Aeternum – Blick in die Schloss­kapelle, die im Jahr 1571 eingerichtet wurde.
Während der Ostflügel des Schlosses durch den Umbau des bestehenden „Alten Baus“ entstand, wurden Süd- und Westflügel einheitlich in der zeitgemäßen Formensprache der Renaissance errichtet. Lichtenberg war das erste große Renaissanceschloss in der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und Vorbild für viele weitere Renaissancebauten in Darmstadt und Umgebung, wie das Alte Rathaus in Darmstadt, das Jagdschloss Kranichstein und das Wambolt’schen Schloss in Groß-Umstadt. In die neue Dreiflügelanlage wurde auch das „alte Schloss“ der Grafen von Katzenelnbogen als Nordflügel integriert. Der Landgraf bezog die Gemächer im zweiten Obergeschoss des Südflügels, in dem er auch einen großen Festsaal bauen ließ, dessen renaissancezeitliche Stuckdecke bis heute erhalten geblieben ist. Die Wohnräume seiner Frau befanden sich im Westflügel.

Witwensitz und Zufluchtsort

Ursprünglich war Lichtenberg als Witwensitz geplant. Doch die landgräfliche Familie fühlte sich dort so wohl, dass sie das Schloss als Sommerresidenz und Jagdschloss nutzte. Die nachfolgenden Generationen schätzten den idyllischen Ort ebenfalls und hielten sich während der Pestepidemien und des 30-jährigen Krieges teilweise dauerhaft dort auf. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts schwand das Interesse der Landgrafen an Lichtenberg, sie besuchten den Prachtbau nur noch selten.

Zu Beginn des 21. Jahrhunderts lag das Schloss im Dornröschenschlaf. Seit 2003 wird es von dem Landesbetrieb Bau und Immobilien Hessen in Zusammenarbeit mit den Baudenkmalpflegern der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen behutsam instandgesetzt. Ziel ist es, das wertvolle Baudenkmal zu erhalten und wieder mit Leben zu füllen. Schon jetzt ist es ein attraktiver Ort für Konzerte und Hochzeitspaare: Im Erdgeschoss des Südflügels wurden Räume für standesamtliche Trauungen eingerichtet, während sich die umfassend restaurierte und 2010 feierlich gesegnete Schlosskapelle wunderbar für kirchliche Eheschließungen eignet. ‹


Schloss Lichtenberg
Dienstag bis Sonntag 9–20 Uhr
Telefon: 06166 404
E-Mail: gemeinde@fischbachtal.de
www.fischbachtal.de/schloss
Bildnachweis:
Espelohra (Außenansicht), Anja Dötsch (Schlosskappelle)

Staatliche Schlösser und Gärten Hessen

Das UNESCO-Weltkulturerbe Kloster Lorsch ist das bedeutendste Bauwerk, das die Hessische Schlösserverwaltung in der Metropolregion Rhein-Neckar betreut. Sein Freilichtlabor Lauresham zieht wie auch der romantische Staatspark Fürstenlager in Bensheim-Auerbach Jung und Alt an. Außerdem gehören auch die Burgen Auerbacher Schloss und Hirschhorn zum Einzugsgebiet der Hessen sowie das Erbacher Schloss mit den gräflichen Sammlungen und dem Deutschen Elfenbeinmuseum. Ein weiteres Kleinod ist die Einhardsbasilika in Michelstadt-Steinbach, eines der letzten Beispiele authentisch erhaltener karolingischer Architektur.
AdresseStaatliche Schlösser und Gärten Hessen // Schloss // 61348 Bad Homburg v.d.Höhe // Telefon: 06172 9262-0 // E-Mail: info@schloesser.hessen.de
facebooktwitterg+Mail