Kunsthalle Mannheim

Nur keine Scham!

› Eine Frau, lässig in grünem Shirt und Jeans gekleidet, sitzt breitbeinig auf einem Sessel und schaut unvermittelt in die Kamera. Der Blick ist ernst, rätselhaft. Auf Höhe ihrer Brüste zwei Spiegeleier. Kaum eine andere Künstlerin provoziert so humorvoll und dabei so beiläufig wie die Britin Sarah Lucas.

Aufgewachsen im Norden Londons ist Lucas geprägt von den Thatcher-Jahren in Großbritannien und den damals noch vorherrschenden Körperbildern im öffentlichen Raum. Ein zentrales Thema in ihrem Werk ist die Untersuchung von Genderrollen und Sexualität. Sie nutzt dafür oft alltägliche Objekte wie Möbel, Obst oder Kleidung, um sexuell aufgeladene, doppeldeutige Kontexte zu erzeugen. Ein berühmtes Beispiel hierfür sind ihre „Nuds“ — Skulpturen aus Strumpfhosen, gefüllt mit Watte, die sie in doppeldeutigen Positionen arrangiert.

Berühmt wurde die 1961 geborene Künstlerin als eine der markanten Figuren innerhalb der Young British Artists (YBAs). In den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren etablierte sich diese Gruppe von Künstler*innen, zu der auch Damien Hirst, Tracey Emin und Gavin Turk gehörten, als Vorreiter der zeitgenössischen Kunstszene. Durch die Ausstellung „Freeze“ im Jahr 1988 erhielten sie internationale Anerkennung und wurden seither als Gruppe wahrgenommen, ohne sich je selbst als solche offiziell zusammengeschlossen zu haben.
  • Sarah Lucas, Self-Portrait with Fried Eggs, 1996, c-print © Sarah Lucas. Courtesy Sadie Coles HQ, London.
Gemeinsam mit Tracey Emin gründete Lucas 1993 „The Shop“, einen Ort der künstlerischen Experimente, des Austauschs und der Provokation. Hier präsentierten Lucas und ihre Kolleg*innen ihre Werke abseits der etablierten Galerien und Museen. Heute gilt Sarah Lucas als eine der einflussreichsten Künstlerinnen nicht nur in Großbritannien, sondern weltweit. Im Jahr 2015 bespielte sie den Britischen Pavillon der Biennale von Venedig, 2018 wurde ihr eine umfangreiche Retrospektive im New Yorker New Museum gewidmet. Zuletzt war eine große Überblicksschau in der TATE Britain in London zu sehen.

Die Mannheimer Schau „Sarah Lucas. Sense of Human“ ist die erste institutionelle Einzelausstellung der Künstlerin in Deutschland seit 2005. Die gezeigten Arbeiten reichen von den 1990er-Jahren bis in die Gegenwart. „Inhaltlich fokussiert sich die Ausstellung auf Fragen des Körpers im sozialen Feld“, erklärt Kuratorin Luisa Heese. „Hierzu zählen die Selbstporträts, die die Künstlerin seit den 1990er-Jahren anfertigt, ebenso wie anthropomorphe Skulpturen, die sich durch ihr Werk ziehen.“ Insgesamt werden mehr als 80 Werke gezeigt, die von Fotografien über Skulpturen bis hin zu Installationen reichen. Darunter auch das eingangs schon erwähnte „Self-Portrait with Fried Eggs“, ein persönliches Lieblingswerk der Kuratorin: „Seit vielen Jahren begleitet mich dieses Werk als starkes Statement für eine humorvolle Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen. Ich freue mich sehr, es nun als Teil dieser Ausstellung zu präsentieren.“ ‹

Sarah Lucas. Sense of Human
07. Juni bis 20. Oktober 2024
Kunsthalle Mannheim
kuma.art
Bildnachweis:
Sarah Lucas, SIX CENT SOIXANTE SIX, 2023 [Detail], Triumph TR6, tights, wire, wool, shoes, acrylic paint, wigs, breeze, blocks, overall size: 207 x 400 cm, red bunny: 120 x 55 x 128 cm, purple bunny: 35 x 156 x 105 cm, car: 118 x 148 x 400 cm, plinth: 20 x 440 x 220 cm © Sarah Lucas. Courtesy Sadie Coles HQ, London. Photo: Katie Morrison

Kunsthalle Mannheim

Die Kunsthalle Mannheim zählt mit ihren Spitzenwerken von Edouard Manet bis Francis Bacon und ihrem Skulpturenschwerpunkt zu den renommiertesten Sammlungen von deutscher und internationaler Kunst der Moderne und der Gegenwart. Hochkarätige Sonderschauen internationaler zeitgenössischer Kunst vervollständigen das Ausstellungsprogramm. Gezeigt werden sie im Kerngebäude, dem imposanten, frisch sanierten Jugendstilbau von Hermann Billing aus dem Jahre 1907. Bis 2017 entsteht außerdem ein zukunftsweisender Neubau, der die Ausstellungsfläche um rund 1.300 Quadratmetern erweitert.
TerminFR 07. Juni bis SO 20. Oktober 2024
AdresseKunsthalle Mannheim // Friedrichplatz 4 // 68165 Mannheim // Tel. 0621 293 6413 // kunsthalle@mannheim.de
ÖffnungszeitenDienstag bis Sonntag 10–18 Uhr, Mittwoch 10–20 Uhr, 1. Mittwoch im Monat 18-22 Uhr (freier Eintritt)
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